Digitaler Landesparteitag - SPD stimmt klar für Rot-Grün-Rot - Giffey sieht "starken Rückenwind"

So 05.12.21 | 20:47 Uhr
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Der scheidende und die Neue: Berlins SPD stimmt am Sonntag über den Koalitionsvertrag mit Grünen und Linken ab und damit über den Abschied vom Regierenen Michael Müller und der dann bald neuen Regierenden Franziska Giffey.
Audio: Abendschau | 05.12.2021 | Franziska Giffey im Interview | Bild: dpa/Annette Riedl

Auf einem digitalen Parteitag der Berliner SPD haben 91,5 Prozent für den mit Grünen und Linken ausgehandelten Koalitionsvertrag gestimmt. SPD-Chefin Franziska Giffey spricht im rbb von "starkem Rückenwind", lässt Personalien aber weiterhin offen.

Als erste der drei beteiligten Parteien hat die Berliner SPD dem rot-grün-roten Koalitionsvertrag zugestimmt. Bei einem digitalen Parteitag am Sonntag votierten 91,5 Prozent der Delegierten für das Regierungsprogramm, das Sozialdemokraten, Grüne und Linke für die kommenden fünf Jahre ausgehandelt hatten. Es gab 227 Ja-Stimmen, 16 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen.

Angesichts der Corona-Pandemie fand der SPD-Landesparteitag als Hybrid-Veranstaltung statt. Der geschäftsführende Vorstand saß im "Estrel"-Hotel in Berlin-Neukölln zusammen, während die Delegierten per Video zugeschaltet wurden.

Giffey lässt Postenverteilung im künftigen Senat offen

Berlins SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey sprach am Sonntag in der rbb-Abendschau von einem "starken Rückenwind", den ihre Partei für das Verhandlungsergebnis mit Grünen und Linken mit dem klaren Votum gegeben habe.

Wer welchen Posten in der künftigen Landesregierung erhalten soll, wolle man aber erst mitteilen, wenn auch Grüne und Linke über den Vertrag entschieden haben, so Giffey. "Wir geben dann das Personal bekannt, wenn auch klar ist, dass der Vertrag auch wirklich zustande kommt und alle dabei sind", sagte die wahrscheinliche künftige Regierende Bürgermeisterin.

Giffey zeigte sich optimistisch, dass auch die Linke einer Neuauflage der Koalition zustimmen wird. Das sei immer eine Frage von Kompromissen, sagte Giffey. Sie glaube, dass sich alle Partner in dem Koalitionsvertrag wiederfinden. "Ich bin zuversichtlich, dass am Ende ein positives Mitgliedervotum steht". Unter den Linken gibt es auch einige Stimmen, die ein "Nein" zum Koalitionsvertrag fordern.

Koalitionsvertrag als "große Chance"

Auf dem Parteitag hatte Giffey zuvor den rot-grün-roten Koalitionsvertrag als "gute Basis" bezeichnet, um die Stadt in den kommenden fünf Jahren voranzubringen. "Wir gemeinsam haben jetzt die große Chance, Berlin als Stadt der Gleichstellung, der Vielfalt, der Weltoffenheit, als Stadt für all diejenigen zu gestalten, die hier frei und selbstbestimmt leben wollen", sagte die designierte Regierende Bürgermeisterin am Sonntag vor der Abstimmung.

Berlin solle wieder so stark werden wie es vor der Corona-Krise gewesen sei. Deshalb setze die Koalition auf Unterstützung für die Wirtschaft, eine Einstellungsoffensive für Polizei und Lehrer, die Fortsetzung der Schulbauoffensive, auf eine funktionierende Verwaltung, mehr Wohnungsbau und eine sichere, saubere Stadt. Der vor knapp einer Woche vorgestellte Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken sei für all das eine gute Grundlage.

Papier bildet sozialdemokratischen Ziele ab

Die SPD habe erreicht, dass viele ihrer Ziele, die sie im Wahlkampf vertreten habe, in das Regierungsprogramm Eingang gefunden hätten, sagte Giffey. Es sei ein Koalitionsvertrag erarbeitet worden, "der wirklich ganz klar unsere sozialdemokratischen Ziele auch abbildet und widerspiegelt". Auch bei der angedachten Ressortverteilung im neuen Senat werde das deutlich. "Das ist ein großer Erfolg", so Giffey weiter.

Aber Grüne und Linke prägten den Vertrag ebenfalls. "Man kann sagen, dass wir bei aller Unterschiedlichkeit ein gemeinsames Programm gemacht haben, in dem sich auch die anderen wiederfinden."

Sehr zufrieden mit dem Papier zeigte sich auch der Parteinachwuchs. Anders als bei der Ampel im Bund habe man bei Rot-Grün-Rot keine größeren Kröten schlucken müssen, sagte die Juso-Vorsitzende Sinem Tasan-Funke am Sonntag. Sie mahnte aber auch: Die Koalition müsse künftig anders miteinander umgehen und geschlossener auftreten.

Lob von den Genossen aus Brandenburg und von der Bundes-SPD

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte in seinem Grußwort vor der Abstimmung die Regierungsarbeit der Koalition in Berlin. Die Politik "einer Großstadt erfordere große Management- und Kommunikationsleistungen", erklärte er. "Franziska, du bist die Frau, die das kann", sagte Scholz in Richtung Giffey. Scholz lobte, dass sich Giffey und die Berliner SPD ehrgeizige Neubauziele und den Weiterbau von U-Bahn-Linien vorgenommen haben.

Auch der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) konnte sich an die Delegierten der Landespartei wenden und lobte Giffey als "hervorragende Kollegin". Woidke kündigte in seinem Parteitags-Grußwort eine engere Zusammenarbeit an, um Berlin und Brandenburg zu einer führenden Region in Deutschland zu entwickeln. Dazu sollten beide Länderparlamente enger kooperieren. Die Landesregierungen beider Länder müssten noch häufiger gemeinsam tagen, so Woidke.

Grüne und Linke müssen auch noch zustimmen

SPD, Grüne und Linke hatten ihr 150 Seiten starkes Papier am vergangenen Montag vorgestellt; sie regieren Berlin bereits seit 2016 zusammen.

Die Grünen wollen erst am kommenden Sonntag über den Koalitionsvertrag entscheiden, bei den Linken läuft bereits ein Mitgliederentscheid - noch bis zum 17. Dezember. Eine Zustimmung vorausgesetzt, könnte der neue rot-grün-rote Senat noch vor Weihnachten die Arbeit aufnehmen. Vorgesehen ist, SPD-Landeschefin Giffey am 21. Dezember zur neuen Regierenden Bürgermeisterin zu wählen.

Sendung: Abendschau, 5.12.2021, 19:30 Uhr

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19 Kommentare

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  1. 19.

    Zum Glück sind die Linken unzufrieden mit dem Koalitionsvertrag. Es wäre doch schön, wenn sie nicht zustimmen und die Grünen vielleicht auch nicht. Dann gibt es vielleicht eine Deutschland-Koalition. Linke und Grüne werden Berlin durch ihre mangelnde Wirtschaftskompetenz ruinieren. Dass die Grünen das Finanzressort übernehmen halte ich für einen großen Fehler! Zum Glück sind die Linken nicht mehr für Bauen und Wohnen zuständig, so gibt es wenigstens keine Enteignungen und das ist auch gut so!

  2. 18.

    @Berliner
    Was würden Sie nur machen, wenn es nicht Diepgen und Landowsky gegeben hätte?
    Müssten Sie sich dann an das Versagen, das Missmanagement, die Inkompetenz, die Selbstherrlichkeit der SPD und deren politischen Steigbügelhalter abarbeiten?
    Aber, daran hindert Sie die Rote Brille in Ihrer Filterblase.
    Nebenbei: ich habe nicht von "dummen Forderung nach Neuwahlen" geschrieben. Darüber entscheiden Gerichte.
    Das Sie aber davor Angst zu haben scheinen, weil dann Ihre woke rotgründunkelrote Blase platzen könnte, zeigt Ihre reflexartige Reaktion. Und Ihr langsame dümmliche Verweis auf "Rechtsextreme [...] die unserer Demokratie zu schaden."
    Zur Demokratie gehört auch, Wahlen zu ihrer Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

  3. 17.

    Auch ich habe Frau Giffey gewählt ,um eine grüne Bürgermeisterin zu verhindern. Das ist ja nun auch gelungen. Ich bin trotzdem maßlos enttäuscht, weil die Giffey sich von links/grün treiben lässt. Wir werden schlimme 5 Jahre erleben, wenn diese Truppe nicht vorher aus dem Amt gejagt wird.

  4. 16.

    Was hat das mit der dummen Forderung nach Neuwahlen zu tun? Und Schummellieschen ist mir immer noch lieber als ein Maut-Andi oder ein Herr Bahr der seinem zukünftigen AG die Gesetze auf den Leib schreibt.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Bahr#Nach_dem_Ausscheiden_aus_dem_Bundestag

  5. 15.

    "Erdtmal die Nachwahlen abwarten. Hoffe das CDU noch gewinnt". Da können sie lange warten, siehe # 12.

    "Sonst geht Berlin unter !!!" So wie unter Diepgen und Landowsky? !!!11elf!!1!

  6. 14.

    Purer Machterhalt.
    Jetzt sogar mit einer, die nachgeweisener Weise, ihre Master-und Doktorarbeit fälschte.
    Was für ein moralischer Anspruch leitet sich da ab?

  7. 13.

    Ach Nana, Nona oder Nanunana. Ich habe die Erklärung mitgeliefert aber manche sind halt mit der deutschen Sprache überfordert. Ganz oft die, die ganz besonders "deutsch" sein wollen oder zumindest was die dafür halten.

    Soviel zu "logisch denkende Menschen".

  8. 12.

    Heute nicht unter "Hilde Benjamin" oder "Bernd Stelter"? Natürlich wäre es Rechtsextremen am liebsten wenn man ihrem krakeelen nach Neuwahlen nachkommen würde und so lange Stillstand herrschen würde. Das ist genau das was Rechtsextreme wollen um unserer Demokratie zu schaden.

  9. 11.

    Hinweis bezüglich Wahlversprechen und Enttäuschung: Jede Partei verspricht vor einer Wahl nur, wofür sie sich einsetzen wird, aber nicht, dass sie ihr Programm vollständig durchsetzen wird. Denn in einer Koalition muss man Kompromisse machen. Man muss einige Ziele opfern, um andere Ziele durchzusetzen. Politik muss (auch) pragmatisch sein! Hardcore-Positionen bringen in der praktischen Politik NICHTS!

  10. 10.

    Wahlversprechen wurden nicht immer eingehalten. Lassen wir uns überraschen !

  11. 9.

    Erdtmal die Nachwahlen abwarten. Hoffe das CDU noch gewinnt. Sonst geht Berlin unter !!!

  12. 8.

    Heute nicht unter "Hilde Benjamin" oder "Bernd Stelter"? Natürlich wäre es Rechtsextremen am liebsten wenn man ihrem krakeelen nach Neuwahlen nachkommen würde und so lange Stillstand herrschen würde. Das ist genau das was Rechtsextreme wollen um unserer Demokratie zu schaden.

  13. 7.

    Heute nicht unter "Hilde Benjamin" oder "Bernd Stelter"? Natürlich wäre es Rechtsextremen am liebsten wenn man ihrem krakeelen nach Neuwahlen nachkommen würde und so lange Stillstand herrschen würde. Das ist genau das was Rechtsextreme wollen um unserer Demokratie zu schaden.

  14. 6.

    Und Sie beantworten „Stuss“ mit Stuss. Gang toll. Weshalb Sie nun Rechtsextremismus hier pauschal reinbringen ist wohl für logisch denkende Menschen nicht nachvollziehbar. Natürlich wählt jeder wie er will und hat dabei Hoffnungen und Erwartungen. Und Koalitionen stehen nie zur Wahl. Grundsätzlich ist es immer besser, sich an Parteien zu halten. Nicht an Kandidaten und auch nicht an mögliche Koalitionen. Daher weiß jeder, was er von der SPD zu erwarten hat. Aber es gibt immer Menschen, die gehen eher spontan und subjektiv in eine Wahk hinein.

  15. 5.

    So ist es.

  16. 4.

    Sich auf Wahlversprechen zu verlassen, ist sowieso nicht das Schlauste, da die Parteien einem vor einer Wahl das Schönste und Größte versprechen können ohne Konsequenzen.

    Ich verlasse mich da eher auf das, was die einzelnen bisher getan, wie sie sich verhalten, was sie von sich gegeben haben.

  17. 3.

    Also ist denen schon bekannt das sich an dem Ergebnis der Wahl nichts mehr ändert.

  18. 2.

    Selten so einen Stuss gelesen, es gab zur Wahl keinen Koalitionsvertrag, wie denn auch. Und wer Giffey gewählt hatte weil er glaubte er könne damit die abgewählte cDU, FDP oder gar die rechtsextreme AfD unterstützen der muß sich eine Riesenportion Naivität unterstellen lassen.

    Meistens sind es die enttäuschten AfD Wähler, die hier am lautesten jammern. Sie wußten ja dass die rechtsextreme Truppe kaum Stimmen bekommen würde und hatten auf einen Rechtsruck durch die Hintertür gehofft. Tja, da hat man die Rechnung ohne die Parteibasis gemacht.

    Und noch eins, was interessiert es einen Woltersdorfer wie die Berliner gewählt haben?

  19. 1.

    Leider haben sich diesen Vertrag die wenigsten Bürger angesehen, denn da würden sie sehen, dass sie, also die Wähler, nach ganz anderen Wahlversprechen, ihr Kreuz im September gemacht haben!

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