Analyse | ARD-Vorwahlumfrage zu Berlin - Franziska Giffey hat die Wahl

Fr 17.09.21 | 18:05 Uhr | Von Boris Hermel
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Franziska Giffey lässt sich bei einem Wahlkampfbesuch in Berlin-Friedenau mit einem Händler fotografieren. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Bild: dpa/Christoph Soeder

Die SPD bleibt mit Abstand stärkste Kraft, die Grünen schieben sich wieder auf den zweiten Platz, die CDU verliert deutlich: Rot-Rot-Grün könnte weiter regieren, aber SPD-Spitzenkandidatin Giffey hätte auch andere Optionen. Von Boris Hermel

Neun Tage vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus bleibt die SPD unangefochten an der Spitze. In der eigens für Berlin erhobenen Sonntagsfrage im ARD-Deutschlandtrend gewinnen die Sozialdemokraten einen Punkt hinzu und liegen nun bei 24 Prozent.

Auch die Grünen legen um einen Punkt auf 18 Prozent zu und schieben sich damit wieder auf den zweiten Platz. Die stärksten Verluste muss die CDU hinnehmen, sie sackt um drei Punkte auf 16 Prozent ab.

Giffey kehrt Negativtrend bei Beliebtheit um

Sicher profitieren die Berliner Sozialdemokraten stark vom bundespolitischen Rückenwind für den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz, doch auch die Berliner Spitzenkandidatin Franziska Giffey kann ihre Beliebtheitswerte steigern. War sie im BerlinTrend von rbb-Abendschau und "Berliner Morgenpost" Ende August noch um acht Prozentpunkte abgerutscht, so sind jetzt 42 Prozent der Befragten mit ihr zufrieden – ein Plus von fünf Prozentpunkten. Damit bleibt sie mit Abstand die beliebteste unter den Spitzenkandidierenden der Parteien. Die Affäre um die Aberkennung ihres Doktortitels durch die FU wegen Plagiaten schadet ihr offenbar nicht.

Das große Plus von Franziska Giffey ist ihre Bekanntheit: Mit 82 Prozent liegt die frühere Bundesfamilienministerin mit Abstand vor ihren Konkurrenten, nur Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer kommt mit 63 Prozent ansatzweise an sie heran. Das Spitzenpersonal von CDU und Grünen dagegen kann die eigenen Werte trotz der großen Plakatkampagnen im Vergleich zum August nur minimal steigern. Kai Wegner von der CDU ist nur 46 Prozent der Berlinerinnen und Berliner bekannt, von Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sagen das nur 38 Prozent der Befragten. FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja ist 51 Prozent der Befragten bekannt, von der AFD-Spitzenfrau Kristin Brinker haben nur 21 Prozent schon mal was gehört.

CDU deutlich schlechter als im Bundestrend

Die jüngsten Zahlen dürften vor allem bei der Berliner CDU für Alarmstimmung sorgen. Während sich die Bundes-CDU bei der Sonntagsfrage von der 20-Prozent-Marke wieder leicht nach oben bewegt, geht es in Berlin weiter abwärts, auf aktuell nur noch 16 Prozent – ein Wert, der noch unter dem historisch schlechtesten Wahlergebnis von 2016 liegt. Damals kam die CDU auf 17,6 Prozent. Die Unionsstrategen um Kai Wegner können diesen Abwärtstrend nicht mehr allein dem Bundestrend in die Schuhe schieben. Da drängen sich dann auch Fragen nach der Wahlkampf-Performance auf Landesebene auf.

Genau umgekehrt das Bild bei den Grünen: Sie liegen mit ihrem Zuwachs auf 18 Prozent zwar klar über den Werten auf der Bundesebene. Dennoch können sie den Abstand zur SPD nicht verringern. Die bittere Erkenntnis für die Grünen: Auch wenn sie in den Umfragen lange vorne gelegen hatten, scheint das Ziel, dass Rote Rathaus grün zu färben und mit Bettina Jarasch die Regierende Bürgermeisterin zu stellen, in weite Ferne gerückt.

SPD mit mehreren Optionen

Ginge die Wahl am übernächsten Sonntag genauso aus, dann wäre die SPD um Franziska Giffey in einer überaus komfortablen Position: Sie hätte die Wahl zwischen drei möglichen Koalitionen. Eine Fortsetzung von Rot-Rot-Grün wäre rechnerisch ein mögliches Bündnis, alle drei Parteien kämen zusammen auf 55 Prozent. Sowohl Grüne als auch Linke haben sich im Wahlkampf klar für diese Machtoption ausgesprochen.

Nur: SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey ist in den letzten Wochen immer stärker von den bisherigen Koalitionspartnern abgerückt. Indem sie die Unterstützung des Volksbegehrens "Deutsche Wohnen & Co Enteignen" zur "roten Linie" für mögliche Koalitionsverhandlungen erklärte, hat sie den Linken mehr oder weniger den Kampf angesagt. Ähnliches gilt für die Weigerung der SPD, die eigentlich längst ausgehandelten Kapitel des rot-rot-grünen Mobilitätsgesetzes vor der Wahl noch zu verabschieden - das sollten wohl vor allem die Grünen als Affront verstehen.

Die zweite Koalitionsmöglichkeit für Giffey und die SPD wäre eine sogenannte Deutschland-Koalition mit CDU und FDP. Nach dem ARD-Deutschlandtrend käme sie auf 47 Prozent, auch das würde für eine Mehrheit der Sitze im Abgeordnetenhaus reichen. Außerdem könnten die Sozialdemokraten versuchen, mit Grünen und FDP eine Ampelkoalition zu schmieden. Mit 49 Prozent hätte auch ein solches Bündnis eine Mehrheit der Mandate.

Bewegung bei den Kleinstparteien

Erstmals gelingt es im ARD-Deutschlandtrend übrigens einer Kleinstpartei, die Schwelle der Messbarkeit zu überwinden: Die Tierschutzpartei wird aktuell mit drei Prozent ausgewiesen, ist damit aber immer noch weit entfernt vom Einzug ins Abgeordnetenhaus.

Ausgemacht ist das Rennen ums Rote Rathaus aber neun Tage vor der Wahl noch nicht: Zwar sagen gut zwei Drittel der Befragten (69 Prozent), dass sie ihre Wahlentscheidung schon getroffen haben. Das heißt aber auch, mehr als 30 Prozent sind noch unentschlossen – gerade auf diese Wählerinnen und Wähler werden sich die Parteien im Endspurt nun wohl konzentrieren.

Sendung: Abendschau, 17.09.2021, 19:30 Uhr

Beitrag von Boris Hermel

45 Kommentare

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  1. 45.

    Nö. Giffey ist konservativ. Sie sollten aber Ihre abfällige Schreibweise echt sein lassen. Das verhindert eine sachliche Diskussion. Und mit Rechtsextremen rede ich eh nicht. Die sind außerhalb der Demokratie.

  2. 44.

    Sind sie hier der Anwalt derjeigen, die die cDU schon für linksextrem halten?

  3. 43.

    Ich geh davon aus, dass die SPD die Wahlen gewinnt, sprich die meisten Stimmen bekommen wird. Mit wem sie dann koalieren wird ist dieses Mal unklar. Ich hoffe, es wird eher ein Bündnis der Mitte. Die Radikalität der Grünen stört mich. Die Grünen machen mittlerweile Politik nur noch für Innenstadtbewohner und ignorieren die Außenbezirke. Die Linken sind ohnehin nicht mein Ding. Die FDP ist eine Möglichkeit, zusammen mit der CDU könnte die SPD da endlich mal wieder Politik für die breite Masse machen.

  4. 42.

    Hält Berlin weitere vier Jahre eine Valanz aus Unfähigkeit, Inkompetenz, Selbstherrlichkeit, Überheblichkeit, Dummheit und Selbstbedienungsmentaltität aus?
    Das wäre das Resultat eines "Weiter so", wenn die Partei der erwischten Betrügerin, einer Verbots-Bevormundungs- und Vorschriftenpartei und der viermal umbenannten Stasi- und Mauerschützpartei durch die Wahl an der Macht bleibt.

    Das sollte der Berliner Wähler mit seiner Stimme verhindern.

  5. 41.

    Und Ihre Schreibweise sagt auch eine Menge über Ihre Meinung aus. Und nun?

  6. 40.

    Einfach mal "Guttenberg" ins Ohr flüstern, ich glaube, der Name ist in Bayern nicht unbekannt!

  7. 39.

    Nur sagt das mehr über ihre politische Einstellung aus als ihnen lieb sein dürfte. Die sPD will unter Giffey die gleiche Politik fortführen wie die cDU unter Merkel. Die rechte Flügel der sPD unter Führung der Seeheimer lässt grüßen.

  8. 38.

    "Im Gegensatz zu der Bilanz von 16 Jahren Merkel-CDU mit Problemen wie Unkontrollierter Zuwanderung, Wohnungsnot, explodierenden Mieten usw. sind die paar Kopier-Stellen von Giffey wirklich eine Lapalie. "

    "Ich hoffe, Sie gewinnt - auch wenn ich keine SPD-Anhänger bin." Damit stehen sie unter Rechtsextremen nicht allein da, weil man weiß, dass die eigene "Partei" keinen Blumentopf gewinnen wird weil man u.a. nicht regierungsfähig ist.

    Die Wahl von Wild sagt doch schon alles aus. https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/02/berlin-afd-andreas-wild-partei-ausschluss-landesschiedsgericht.html

    https://www.rbb24.de/politik/wahl/abgeordnetenhaus/agh-2021/beitraege/afd-stellt-trotz-ausschluss-rechtsextremen-abgeordneten-andreas-wild-zu-abgeordnetenhauswahl-auf.html

    "Im Berliner Parlament trug er mehrfach ein Erkennungszeichen der österreichischen Nationalsozialisten".

  9. 37.

    "Ebenso wird keine Bilanz zu 16 Jahren Merkel und deren Folgen für Deutschland veröffentlicht."

    Weil außer den "Merkel muß weg!" Blökern, die ihre rechtsextremen Schlüsse aus dieser "Bilanz" zielen wollen alle anderen schon längst eine Bilanz gezogen haben. Und medial begleitet wurde das auch. Sie müssen nur mal ihre einschlägigen Desinformationskanäle verlassen.

    https://www.tagesschau.de/inland/btw21/merkel-bilanz-101.html

    https://www.deutschlandfunkkultur.de/16-jahre-merkel-ihre-bilanz.970.de.html?dram:article_id=501700

  10. 36.

    Bei mir hat der Wahl-O-Mat entschieden, da ich nach Inhalten wähle, steht mein Wählen schon fest. Tut mir leid Frau Giffey, sie sind viel zu Links!

  11. 35.

    Bei mir ist es eher so, dass ich die SPD trotz Giffey nicht wähle. Ich wähle Parteien, nicht Personen. Daher habe ich mich für die CDU entschieden.

  12. 34.

    Ja, Giffey kann was erreichen. Aber BITTE nicht wieder rot rot grün. Was da in Mitte passiert, ist absolut nicht zu akzeptieren.

  13. 33.

    Im Gegensatz zu der Bilanz von 16 Jahren Merkel-CDU mit Problemen wie Unkontrollierter Zuwanderung, Wohnungsnot, explodierenden Mieten usw. sind die paar Kopier-Stellen von Giffey wirklich eine Lapalie.
    Giffey versperrt sich wenigstens den Problemen + Wahrheiten in Berlin nicht.
    Ich hoffe, Sie gewinnt - auch wenn ich keine SPD-Anhänger bin.

  14. 32.

    Mir sind die Umfrageergebnisse der Grünen egal, denn sie schmelzen vor jeder Wahl wie Eis in der Sonne.
    Der Absturz in diesem Jahr ist ja was, was man zuletzt bei der CDU 2005 erlebt hat.

  15. 31.

    Also meiner Meinung nach laufen die größten Kampagnen medial wohl gegen die AfD bzw. Giffey.
    Das Grüne Parteiprogramm wird doch medial überhaupt nicht untersucht bzw. die katastrophalen Auswirkungen veröffentlicht.
    Ebenso wird keine Bilanz zu 16 Jahren Merkel und deren Folgen für Deutschland veröffentlicht.

  16. 30.

    Ja, die Plakatwerbung der "Feldwegpartei" ist heftig. Jedoch steht unter diesem zu recht bekrittelten Satz noch ein weiterer, der, man kann sagen in Alibifunktion, auf die dunkelgrüne Farbe dieser "eher rechts orientierten" Vereinigung hinweist. Man solle also mehr dunkelgrüne Plakate, nicht die Partei der Grünen, hängen. Das medial hier eine Kampagne gegen die Grünen als Partei gemacht wurde, ist in soweit nachvollziehbar, da es sich beim 3.weg nicht um eine Satire-Partei handelt. Bei der letzten Wahl hingen an Laternen Plakate der "Die.Partei" mit dem Slogan "Hier könnte ein Nazi hängen". Selbst die doofeste Nuß erkannte, das hier Nazi-Plakate gemeint waren und der "Aufschrei" hielt sich in Grenzen. Die mediale Aufmerksamkeit, gar das Einschalten der Gerichte, über den aktuellen Fauxpas bringt der rechten Szene mehr als die eigentlich ausreichende Nichtbeachtung. Sie können sich wieder in der Opferrolle suhlen. Ein differenzierterer Umgang mit diesem "Wahlabschnitt" wäre angebracht.

  17. 29.

    @ Nicole: Ich (älter) geh auch Vollzeit arbeiten. Auch am Wahlsonntag. Ja, Freizeit ist kostbar. Das Wahlrecht auch.

  18. 28.

    Es gibt keine Hetzkampagne gegen Giffey, es gibt Hetzkampagnen ihrer Gleichgesinnten gegen Grüne.

    https://www.tagesschau.de/investigativ/negative-kampagne-gruene-101.html

    https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-09/gerichtsbeschluss-zwickau-rechtsextreme-partei-dritter-weg-anti-gruenen-plakate-zulassung

  19. 27.

    @ Benno: Weil die bayrischen Politiker alle von je her bis heute ach so ehrlich waren und sind? Das Gespräch mit ihrem Enkel in Bayern (!) wäre interessant.

  20. 26.

    @ anton: Frau Giffey hat betrogen. Das macht sie auch für mich nicht wählbar. Ob sie aber denoch auch ungeeignet für den Job wäre, steht auf einem anderen Blatt und darf bezweifelt werden.

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