Koalitionsgespräche in Berlin - Rot-Grün-Rot will Investitionen in Kliniken erhöhen

Fr 12.11.21 | 22:16 Uhr
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Franziska Giffey (SPD) und Raed Saleh (SPD) in Berlin (Quelle: Zinken)
Audio: Inforadio | 13.11.2021 | Jan Menzel | Bild: dpa / Paul Zinken

Erneut führen SPD, Grüne und Linke zehn Stunden lang Koalitionsverhandlungen. Im Ergebnis soll man sich einig geworden sein, dass Kliniken mehr Geld als bisher bekommen sollen. Auch bei sozialen Themen gab es Verständigungen.

SPD, Grüne und Linke in Berlin haben sich in ihren Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, die Investitionen für Krankenhäuser zu erhöhen. SPD-Landeschefin Franziska Giffey sprach am Freitag nach einer rund zehnstündigen Verhandlungsrunde von einem der großen Flaggschiff-Projekte eines rot-grün-roten Regierungsbündnisses.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch kündigte ein "Zukunftsprogramm Krankenhäuser" an. Einigkeit bestehe auch darin, dass die landeseigenen Kliniken von Charité und Vivantes besser kooperieren sollen. Konkrete Summen nannten beide nicht. Giffey sagte, dass es für die Kliniken finanzielle Mittel "über das normale Maß hinaus" geben werde.

Einigung auch bei sozialen Themen

Als weiteres Vorhaben kündigte Giffey eine Ausweitung des kinderärztlichen Bereitschaftsdienstes an. Jarasch zufolge will sich eine rot-grün-rote Koalition darum kümmern, die ärztliche Versorgung in den Außenbezirken zu verbessern. Im Bereich der Drogenprävention soll das Angebot an Drogenkonsumräumen und vor allem die Beratung Süchtiger ausgebaut werden. "Wir haben uns darauf verständigt, präventiv zu arbeiten, zu unterstützen, aber auch das Drogenkonsumraumangebot und die Kontaktmöglichkeiten auszubauen, damit die Leute aus den Hauseingängen, aus den S-Bahnhöfen, aus den U-Bahnhöfen rauskommen", sagte Giffey.

Verständigung gab es auch darüber, mehr gegen den Personalmangel in der Pflege zu unternehmen. Dabei gehe es darum, zum einen die Ausbildungsangebote attraktiver zu machen, zum anderen Pflegekräfte im Beruf zu halten und andererseits mehr geflüchtete Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen, sagte Jarasch. Zudem soll die Hilfe für pflegende Angehörige ausgeweitet werden. So sollen sie etwa eine Ehrenamtskarte bekommen, sagte Giffey. Dies sei nur eine kleine Unterstützung, aber auch ein Signal für Anerkennung.

Außerdem gab es eine Verständigung darüber, sozialpsychiatrische Dienste zu stärken und ein Mobilitätskonzept für Menschen mit Beeinträchtigung zu entwickeln. Linken-Landeschefin Katina Schubert erklärte, dass sich alle drei Parteien einig seien, weitere Anstrengungen für mehr Inklusion und die Bekämpfung von Armut und Obdachlosigkeit zu unternehmen. Rot-Grün-Rot habe sich vorgenommen, die Zahl der Stadtteilzentren von 38 auf 48 zu erhöhen.

Nächstes Treffen am Montag

Insgesamt haben die Spitzenpolitiker der drei Parteien über 48 Maßnahmen aus dem Gesundheits- und 30 aus dem Sozialbereich verhandelt, wie Giffey sagte.

Das nächste Dachgruppen-Treffen ist bereits für Montag geplant. Dann stehen unter anderem Themen aus den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Hochschulen, Partizipation und Migration auf der Tagesordnung.

Der Koalitionsvertrag soll nach dem vereinbarten Zeitplan schon am 24. November fertig sein - das ist in knapp eineinhalb Wochen. Anschließend müssen die Parteien dem Verhandlungsergebnis noch zustimmen. Klappt das so, wie sich die Verhandler das vorstellen, könnte es noch vor Weihnachten einen neuen Senat geben mit der SPD-Landesvorsitzenden Franziska Giffey als Regierender Bürgermeisterin.

Sendung: rbb24, 12.11.2021, 21:45 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    Investitionen, die sich nicht die Gesellschafter der Kliniken in die Tasche stecken, sondern wirklich den Patienten und dem Personal zugute käme? Wie soll das aussehen, wo die SPD in Regierungsverantwortung den Sektor privatisiert und zurückgebaut hat? Wo wird zugesichert, dass diese Investitionen ausschließlich in bessere Ausstattung, den Erhalt der Gebäude und vor allen Dingen in das Personal investiert werden dürfen? Mogelpackung zugunsten weniger Reicher, ich seh das kommen ... wenn die Kliniken nicht wieder kommunalisiert werden, man von Fallpauschalen Abstand nimmt und massiv die Arbeitsbedingungen verbessert und zwar VERBINDLICH!
    Sehr schön: Drogenanlaufstellen und Konsumräume, das hilft wirklich, "Hilfe für pflegende Angehörige", Verdopplung wäre angemessen. Mal schauen, was am Ende wirklich aufm Papier steht.
    Welche 48 und 30 Themen und wie wurde sich worüber geeinigt?Ist das jetzt nen Geheimzirkel oder darf man als Wähler etwas mehr erfahren? :-)

  2. 7.

    Präventiv interessiert keinen und ist politisch sowas von unsexy. Auch wenn es dringend geboten wäre koordinieren und flankierende Maßnahmen für eine gesündere Bevölkerung einzuführen und das Problem des Pflegenotstands langfristig mal von anderer Seite anzugehen, so wird die Politik mit ihrem Legislaturperiodendenken so etwas nie in Erwägung ziehen. Ich seh schon einen Aufschrei, wenn zusätzliche, höhere Abgaben auf Zucker, Alkohol, Nikotin usw. erhoben werden würden. Aber gibt ja Medikamente, die helfen, mit den Folgen etwas weiter zu leben...

  3. 6.

    Im nächsten Jahr sollen die Vereine die mit seelisch Behinderten ( Suchtkranke, Psychisch beeinträchtigte )in der Eingliederungshilfe (Teilhabe ) 0,85 Prozent weniger Geld bekommen. So die bisherige Planung mal sehen ob aich da was ändert.

  4. 5.

    Ja. Doch auch mehr gesundheitsfördernde Prävention ist dringend notwendig; bei jährlich über 200.000 vorzeitig Verstorbenen durch Tabak- und Alkoholkonsum.* Den ÖPNV davon zu befreien ist besonders für Kinder wichtig, die viele Bahnhöfe als Angsträume erleben: z.B. Kottbusser Tor, Schönleinstraße, Gneisenaustraße, .... Kinder sind auch auf diese Verkehrsmittel angewiesen. "Wir haben uns darauf verständigt, präventiv zu arbeiten, zu unterstützen, aber auch das Drogenkonsumraumangebot und die Kontaktmöglichkeiten auszubauen, damit die Leute aus den S-Bahnhöfen, aus den U-Bahnhöfen rauskommen".
    Der Drogenkonsumraum am Kotti sollte im Sommer 2020 öffnen, gibt es ein neues Zieldatum für die Eröffnung?!
    *Viele landen vorher wiederholt auf der Intensivstation.
    Welche konkreten neuen zusätzlichen präventiven Maßnahmen sind für Kinder und Jugendliche geplant?

  5. 4.

    Absoluter Fehler nr 1.
    Artikel ungelesen kommentieren.

    Da steht nix von privatisieren sondern mehr Geld für landeseigene Kliniken.

  6. 3.

    Die seit 2003 verbindliche Vergütung der Krankenhäuser durch sog. Fallpauschalen (jede diagnostizierbare Krankheit hat einen fixen Preis. Wer mit möglichst geringen Personal-, Sach- und Organisationskosten den Patienten optimal schnell abfertigt, macht Gewinn – wer sich auf die Patienten einlässt und Tarife zahlt, macht Verlust). Die Einführung der DRGs (Diagnosis Related Groups) war der radikale Schritt zur kompromisslosen Kommerzialisierung eines Bereichs, der bis dahin vom Gedanken der Empathie und Fürsorge getragen wurde. Diese Gesetzgebung hat den Personalabbau in den Krankenhäusern gefördert und die Lage für Personal und Patienten verschlechtert. Profitabilität geht vor Gesundheit. Diese menschenverachtende Praxis muss rückgängig gemacht werden.

  7. 2.

    Von "Guten" Gesetzesvorlage zu "großen Flaggschiff-Projekten" - was für eine enorme Sprachgewalt der dauergrienenden Landesmutti in Spe. Um dieses noch auf die Spitze zu treiben, wird es noch von der Anderen zum "Zukunftsprogramm Krankenhäuser" aufgebauscht.
    Gut, Namen haben wir ja nun für diese Vorhaben, dafür gebührt den Beiden die "Ehrenamtskarte".
    Nun, abgerechnet wird zum Schluss. Es bleibt zu hoffen, dass es nicht so ein Flop wird, wie die Master- und Doktorarbeit.

  8. 1.

    Absoluter Fehler Nr. 1 ?!
    Privatisierung der Krankenhäuser in profitorientierte Gesellschaften.

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