Wahlen in Berlin - Wie es nach dem amtlichen Endergebnis weitergeht

Mo 11.10.21 | 06:27 Uhr | Von Birgit Raddatz
  14
Im Rathaus Pankow werden die Stimmen zur Wahl für das Abgeordnetenhaus Berlin neu ausgezählt. (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
Audio: Inforadio | 11.10.2021 | Birgit Raddatz | Bild: dpa/Christophe Gateau

Nach den Wahlen und den Pannen steht Berlin eine entscheidende Woche bevor: Die amtlichen Endergebnisse werden bekannt gegeben. Dann sind auch Einsprüche vor Gericht möglich. Worauf es dabei ankommt und wie es jetzt weitergeht. Von Birgit Raddatz

Den Anfang macht am Montag der Landeswahlausschuss. Er stellt das endgültige Berliner Zweitstimmenergebnis der Bundestagswahl in einer öffentlichen Sitzung fest. Auch die Kreis- und Bezirksausschüsse geben an diesem Tag die endgültigen Ergebnisse bekannt. Am 14. Oktober folgt dann das endgültige Landesergebnis der Berlin-Wahl.

Bundestagswahl: Einspruch bis Ende November

Wer Einspruch gegen das Bundestagswahlergebnis erheben will, muss dies innerhalb von zwei Monaten beim Bundestag schriftlich tun. Die Frist endet demnach am 26. November, 24 Uhr. Lehnt der Wahlprüfungsausschuss die Beschwerde ab, kann der Beschluss beim Bundesverfassungsgericht angefochten werden.

Der Berliner Innensenator Andreas Geisel hatte am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) trotz etlicher Wahlpannen betont, die bisher vorliegenden Zweitstimmen-Ergebnisse für die Bundestagswahl seien aus seiner Sicht nicht so knapp, dass ein Einspruch Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

Hohe Hürden für Anfechtung der Wahl

Auch gegen das amtliche Endergebnis der Berlin-Wahl kann ab Donnerstag nach Bekanntgabe Beschwerde eingereicht werden – im Gegensatz zur Bundestagswahl allerdings nicht von den Wahlberechtigten selbst. Hier müssen sich entweder Parteien, Bewerber*innen, Wahlorgane, die scheidende Landeswahlleiterin oder der Innensenator beim Berliner Verfassungsgerichtshof melden. Geisel hatte die Möglichkeit am Freitag nicht ausgeschlossen, dies bei noch nachträglich festgestellten, gravierenden Fehlern auch zu tun. Allerdings glaube er nicht, dass eine komplette Neuauszählung dadurch nötig wird, vielmehr handle es sich aus seiner Sicht um Überprüfungen oder Nachwahlen in einzelnen Fällen.

Denn die Hürden für eine Anfechtung der Wahl sind hoch. Wenn es wie im Fall Berlin zu Verstößen gekommen ist, müssen diese mandatsrelevant sein, sich also auf das Ergebnis auswirken. Danach sieht es bisher nicht aus.

Berlin braucht neue Landeswahlleiterin

Am Freitag hatte Geisel – unter Vorbehalt des amtlichen Endergebnisses – bereits Berichte aus allen zwölf Bezirken zu den Wahlpannen vorgestellt. Demnach war es in einzelnen Bezirken wie Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg zu Abbrüchen bei der Auszählung gekommen, in Pankow mussten Wahllokale vorzeitig schließen und wiesen nach jetzigem Stand rund 70 Wahlberechtige ab. Geisel sagte am Freitag, warum es dazu gekommen sei, müsse der zuständige Bezirkswahlausschuss im Bericht zum amtlichen Endergebnis noch begründen.

Außerdem braucht Berlin eine neue Landeswahlleiterin. Kurz nach Bekanntwerden der Pannen bat die bisherige Landeswahlleiterin, Petra Michaelis, den Senat, sie von dem ehrenamtlichen Posten zu entbinden, was dieser auch vergangene Woche tat. Wer ihr nachfolgt, ist bisher nicht bekannt.

Expertenkommission soll bis Ende März 2022 Ergebnisse liefern

Die Aufarbeitung der Wahlpannen geht auch nach der Bekanntgabe der amtlichen Endergebnisse weiter. Im Laufe des Novembers soll eine Expert*innen-Kommission aus Wissenschaftler*innen, der stellvertretenden Landeswahlleiterin, der Zivilgesellschaft sowie gegebenenfalls dem Parlament auch die organisatorischen Probleme rund um die Wahl analysieren und Vorschläge machen, wie es besser ginge. Die Kommission soll ihre Arbeit laut Geisel bis zum März 2022 abgeschlossen haben. Denn dann stehen voraussichtlich auch schon wieder Abstimmungen für weitere Volksentscheide an.

Sendung: Inforadio, 11.10.2021, 07:20 Uhr

Beitrag von Birgit Raddatz

14 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 14.

    @Poster aka Immanuel aka ....

    Eher "gebetsmühlenhaft" sind Ihre Erklärungen, die letztlich das wählerunwürdige Ereignis verwässern sollen.
    Vielleicht ist das Ihr Auftrag.

    Darum hoffe ich doch, dass Egon Kreuz das amtliche Entergebnis verkündet.

  2. 13.

    Solange die Pannen keinen signifikanten Einfluss auf das Endergebnis haben, sind diese zwar bedauerlich, im Endeffekt jedoch nicht weiter von Relevanz. Von daher muss dann eben auch nicht neu gewählt werden.
    Wähler:innen, die nicht warten wollten, um ihre Stimme abzugeben, denen war es vielleicht auch einfach nicht so wichtig, bzw. nicht wichtig genug.

  3. 12.

    Der Kritik fehlt die Substanz in der Begründung der wiederholten Neuwahlforderung. Weder wird konkretisiert, was neu gewählt werden soll noch wird dargestellt, was die Legitimation hierfür ist. Hingegen wird eine Ausnahme wie die vermutlich auf einer Fehlübermittlung beruhenden 150% Wahlbeteiligung beim Volksentscheid gerne genau ohne diesen Kontext dargestellt um Chaos zu suggerieren wo keines ist.

    Kritik ist das nicht, das ist Polemik.

  4. 11.

    Ihnen scheint mehr an Mathematik als Demokratie zu liegen. Diese Wahl war nicht korrekt gelaufen, sie können es drehen und wenden wie sie wollen.

  5. 9.

    @Poster: Die Kritik hängt sich doch nicht am Ergebnis auf, sondern an dessen Zustandekommen bzw. am Ausblenden diverser Pannen und deren Nichtberücksichtigung beim Ermitteln des wahlergebnisses. Da kann man gerade auch schon im Vorfeld der Veröffentlichung Kritik üben. Wenn man es erst nach dem 14.10. tut, hat es ein Gschmäckle, als ob man einfach nur mit dem Wahlergebnis unzufrieden sei.
    Werden Sie Ihrerseits nach dem 14.10. dann "gebetsmühlenartig" darauf verweisen, dass wir doch erstmal das Ergebnis der Expertenkommission in fast einem halben Jahr abwarten sollen, bevor wir weitere Kritik üben?!

  6. 8.

    Nach dem Gesetz gelten wohl die Wahlergebnisse, aber stellt sich doch mal die Frage, sind die Gesetze für den Menschen Gemacht oder der Mensch nach dem Gesetzt. Die Wahl ist nicht nach dem Demokratieverstaendnis vieler Bürger anders gelaufen, was jetzt?
    Natuerlich kann man noch mehr Unmut und Politikverdrossenheit in Kauf nehmen.
    Den Politikern wird doch sowieso kaum etwas zuvetraut, schon garnicht sozial und gerecht und gleichzeitig dabei auch wirtschaftlich zu handeln.
    Also wie geht es weiter?

  7. 7.

    Kern"problem" Ihrer Forderung ist, dass gegen "Stimmung" - auch zu unserem eigenen Schutz - Gesetze stehen.

    Mal abgesehen davon, ob die hier gebetsmühlenartig wiederholten Neuwahlforderungen ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass es erst am 14.10. ein amtliches Endergebnis gibt. eine repräsentative "Stimmung" ist.

  8. 6.

    Es mag sein, das es nicht Mandatsrelevante Pannen waren, aber das Vertrauen in die Politik und der Schaden der Demokratie wiegen deutlich schwerer.
    Man sollte die aktuelle Stimmung im Land vielleicht doch mit einbeziehen in die Entscheidung einer Neuwahl. Vertrauensverlust ist aktuell das schlimmste was passieren kann, denn diesen Schaden der Demokratie bekommt die heutige Politikergeneration nicht mehr hin.

  9. 5.

    @ Martina: Sehr richtig! Außerdem wurden Wahlberechtigten die Abstimmung verweigert. Und es wurde nach Bekanntgabe der Prognosen gewählt. Für mich ist das alles "mandatsrelevant". Aber wir können es nicht beweisen. Hoffentlich kommt es zu vielen Einsprüchen. Ich habe nicht die Kraft dazu. LG

  10. 3.

    Vor jedem Wahllokal in Berlin standen die Menschen z.T. über Stunden in der Schlange. Kein Mensch kann nachweisen, wie viele nach Hause gegangen sind. Dieser Schaden ist nicht in Mandate aufzurechnen. Alle anderen "Pannen" reichen aus!

  11. 2.

    "aus seiner Sicht nicht so knapp", herrlich! Die Politiker glauben, dass Sie Herrscher sind und können den blöden Volk alles erzählen. Die sollen schnellstens anerkennen, dass die von uns bezahlte (zusätzlich v. Lobbyisten unterstützte) Diener sind. Umgang mit der Pannen ist beschämend. Was kann der Wähler sicht so denken? Ach, meine Stimme ist nicht so wichtig, es zählt sowieso ca. Ergebnis.

  12. 1.

    Vor der Wahl wird um jede Stimme gekämpft und danach ist es nicht mehr relevant. Oh, Oh, Oh!!!

Nächster Artikel