Neue Berliner Koalition von CDU und SPD - Saleh wird kein Senator und bleibt SPD-Fraktionschef

Mo 24.04.23 | 08:59 Uhr
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Raed Saleh am 03.04.2023 bei der Präsentation des Regierungsprogrammst von CDU und SPD in Berlin. (Quelle: Imago Images/M. Popow)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.04.2023 | Raed Saleh im Interview | Bild: Imago Images/M. Popow

Seit 2011 leitet Raed Saleh die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, nun steht fest: Das soll auch so bleiben. Dem Senat will er zum vierten Mal in Folge nicht angehören - seinen Machtanspruch demonstriert er dennoch.

Nach dem erfolgreichen Mitgliedervotum der Berliner SPD für ein Regierungsbündnis unter Führund der CDU will die Partei am Montag ihre Senatorinnen und Senatoren benennen. Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh kündigte an, dass er in seiner bisherigen Funktion weiterarbeiten wolle. Saleh sagte dem rbb, dass er der neuen Landesregierung nicht angehören werde, "sondern deren Wirken, insbesondere das der CDU, als Landes- und Fraktionsvorsitzender kontrollieren und nötigenfalls korrigieren" werde.

Damit unterstrich der SPD-Politiker seinen Machtanspruch, noch bevor der neue Senat im Amt ist. Der Spandauer Raed Saleh ist seit Ende 2020 zusammen mit der noch amtierenden Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey Vorsitzender der Landes-SPD und seit 2011 ihr Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus.

Während der Verhandlungen mit der CDU hatte Saleh die Arbeitsgruppe Stadt der Vielfalt rund um Themen wie Diversität, Integration und Antidiskriminierung geleitet. Es hatte deshalb Spekulationen gegeben, er könnte im nächsten Senat die entsprechende Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Integration übernehmen. Nun wird auch die vierte Koalition in Folge mit SPD-Beteiligung ohne einen Senator Saleh antreten.

Entscheidungen am Montag

Zuletzt gab es deutliche Hinweise darauf, dass die bisherige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey Berliner Wirtschaftssenatorin wird. Als neue Senatorin für Wissenschaft und Gesundheit wird die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Ina Czyborra gehandelt. Die Arbeits- und Integrationssenatorin soll die Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe werden. Innensenatorin Iris Spranger gilt auf ihrem bisherigen Posten als gesetzt.

Die SPD will am frühen Montagabend bekanntgeben, wer welchen Senatsposten übernehmen soll. Die CDU wird ebenfalls am Montag auf einem Parteitag über den Koalitionsvertrag abstimmen, die Zustimmung gilt allerdings als sicher.

Am Sonntag hatten Giffey und Saleh nach der Auszählung der Stimmen das Ergebnis des Mitgliedervotums zum Koalitionsvertrag mit der CDU bekanntgegeben. Eine knappe Mehrheit von 54,3 Prozent stimmte für die schwarz-rote Koalition, für die Giffey und Saleh geworben hatten. Giffey interpretierte das Ergebnis als "Rückenwind" und "deutlichen Abstand", Saleh ebenfalls als "deutliches Ergebnis".

Jusos: Werden Koalition kritisch begleiten

Aus der Partei gab es viel Kritik. Mehrere Kreisverbände hatten sich gegen Schwarz-Rot ausgesprochen und die Berliner Jusos eine Kampagne dagegen organisiert. Diese kündigten am Montag an, das mögliche Regierungsbündnis aus SPD und CDU kritisch begleiten zu wollen. Man werde genau "draufgucken", was diese Regierung erreicht, sagte die Juso-Vorsitzende Tasan-Funke Radioeins vom rbb. Dort wo sie es nicht tue, werde man auch sehr kritisch nachfragen.

Gleichzeitig forderte Tasan-Funke ihre Partei auf, weiter über eine personelle Neuaufstellung zu diskutieren. Die Trennung von Partei- und Regierungsämtern sei grundsätzlich sinnvoll, sagte Tasan-Funke mit Blick auf die SPD-Co-Vorsitzende Giffey.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.04.2023, 07:00 Uhr

29 Kommentare

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  1. 29.

    "wie wichtig für die Partei der Job eines Fraktionschefs ist."

    Richtig. Ändert aber nichts an inhaltlicher Kritik, also dem wofür Saleh in diesem historischen Trauerspiel für die (Berliner)SPD steht.
    Selbstverständlich muss eine Fraktionsführung gesichert werden, die eine nicht mit Konsens und Mehrheit ausgestattete Parteiführung Kurs und Macht sichert. Dafür ist Saleh fraglos der Richtige. Akzeptiert die SPD-Mitgliedschaft solche im Kern und strukturell autoritäre Führung, gibt ihm das Machtkalkül recht. Das muss SPD-Mitgliedschaft selbstverständlich selbst auf die Reihe kriegen. Will sie irgendwann einmal wieder sozialdemokratische, progressive Politik machen. Die sich nicht den Bedürfnissen und der Egozentrik ihrer mit Posten versehenen Nomenklatura ergibt. Die natürlich tief gestaffelt in die Regierungs- und Verwaltungsstrukturen ihre Posten nicht verlieren will. Solche Beutegemeinschaft für den Inhalt sozialdemokratischer Politik ausgibt. Faktisch grosse Dominanz hat.

  2. 28.

    Sie Unterliegen einem Irrtum. Der der Öffentlichkeit notorisch als "Mitte" vorgestellte Mainstream ist seit vielen Jahrzehnten in den Kerndaten und grundlegenden Prozessen ein rechter Mainstream. Der sich zur Mitte erklärt. Die Kohl-CDU nannte das vor vielen Jahrzehnten die "geistig-moralische Wende" Heute nennt es die in der Praxis nicht sozialdemokratische Politik (und Regierung) "Zeitenwende". An anderer Stelle nannte sie es "Agenda 2010". Klingt natürlich auch nicht so gut, nennt man es ultrawirtschaftsliberale Politik und vielschichtig fortgesetzte Politik einer internationalen Ausbeutungs- und Dominanzpolitik gegenüber dem globalen Süden. Für den rechtsreaktionären Schlichtgeist gilt selbstverständlich schon als "linker Mainstream" haben nun Homosexuelle und Frauen Rechte. Oder erinnert sich einmal jemand dunkel an die Sozialverpflichtung des Eigentums. Oder hält die Perspektive der Metropolen-Wohlstandsgesellschaften auf die Mehrheit der Menschheit nicht für "Mass und Mitte"

  3. 27.

    Saleh ist halt schlau. Als Architekt der SPD-CDU Koalition muss er sehen, wie er die Enteignung von 18,4%, die in der Wiederholungswahl (noch) SPD wählten in drei Jahren übersteht.
    Denn weder das Wahlergebnis vom 12. Februar, noch das interne, vom Wählenden ja abgekoppelte konkret knappe Ergebnis des Mitgliedervotums, lässt den seriösen Schluss zu, die CDU-SPD Koalition sei von einem Konsens getragen.
    Es ist schlicht das Ergebnis einer Parteiförmigkeit und Parteiführung, die in der Lage ist, Machtverhältnisse abgekoppelt von solchen Ergebnissen zu schaffen.
    Die Behauptung RRG sei an der Koalitionsunwilligkeit von GRÜNE und DIE LINKE gescheitert, entbehrt ja jeder Grundlage. Ist zudem ein Misstrauensvotum gegen die eigene Parteibasis und die vielen Mandatsträgerinnen und -träger, die sich trotz der offensichtlichen Unwilligkeit ihrer durch Giffey vertretenen Führung in guter Zusammenarbeit befanden. Die wurde von Beginn durch Giffey torpediert.

  4. 26.

    Gute Entscheidung.

  5. 25.

    Hier ging es um den Job des Fraktionschefs, und nicht um Vergleich von Personen.
    Wenn man #2 gelesen hätte, und darauf bezog sich meine Antwort, dann hätte man meine Antwort richtig verstanden.

  6. 24.

    S ist das Beste, was den konservativen Kräften in Berlin passieren kann
    Dieser Mann ist nur auf Machterhalt in der SPD fixiert, dafür kann man dann schon mal soziale Werte hinten anstellen. Somit der Beste Garant dafür, dass die Stimmenanteile in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten weiter in den Keller gehen.

  7. 23.

    Ja, die Entscheidung war richtig und wichtig. Wer lieber weiter links von der Mitte ist, kann ja bei den LINKEN anheuern. Die SPD und CDU sind Parteien der Mitte. Warum jetzt Anhänger der Grünen und Linken jetzt hier so hetzen ist klar, weil der WEg zurück an die Macht steinig und schwer sein wird! Endlich wieder eine Politik für Berliner.

  8. 22.

    Sie vergleichen den großen SPD Politiker Herbert Wehner mit diesen wie heißt er noch? Entschuldigung, Herrn Saleh natürlich. Die Willy Brandt u.Herbert Wehner Zeit ist lange vorbei und wenn die SPD so weitermacht wie bisher, wird sie immer tiefer rutschen in den Umfragen. Das Ergebnis ist ja bekannt.

  9. 21.

    Das Beste für Berlin!
    Rücktritt wäre nun wirklich angsagt. Bei Frau Giffey’s Einschätzung des Abstimmungsergebnisses hat man den Eindruck von Realitätsverlust. Es ist ein trauriges Spiel mit der SPD und Position-mindestens 45,7% SPDler sehen es.

  10. 20.

    Herbert Wehner war von 1966 bis 1969 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen. Ob er den Ministerposten angestrebt hat oder ob letzterer ihm aufgedrängt wurde, weiß ich nicht. Aber die Formulierung "er strebte nie einen Ministerposten an" ist zumindest sehr missverständlich.

  11. 19.

    Sie haben keine Ahnung wie wichtig für die Partei der Job eines Fraktionschefs ist.
    Beispielsweise, der Hebert Wehner war in Nachkriegsdeutschland einer der wichtigsten Politiker, er war jahrzehnte "nur" der Fraktionschef der SPD im Bundestag, und er strebte nie einen Ministerposten an.

  12. 18.

    Wunderbar, ein guter Tag für Berlin und die SPD. Die Jusos Vorsitzende allerdings sollte jetzt nach ihrer gescheiterten Kampagne einfach zurück treten und Platz machen, anstatt jetzt weiter an dem Ast von Frau Giffey sägen zu wollen…. Das ist sehr leicht zu durchschauen gewesen….. Und jetzt lasst endlich mal die GroKo anfangen zu arbeiten …))

  13. 17.

    Er ist Fraktionschef, und er will es bleiben. Dieser Job ist nicht einfach, er liegt ihm, außerdem ist er für jede Partei sehr wichtig und von Politikern begehrt.
    Also, warum diese abwertende Unterstellung?

  14. 16.

    Wenn die Hälfte von 12000 zustimmen, dann ist das nur ein Drittel der 18000 Mitglieder. Man/frau kann sich auch Abstimmungsergebnisse schön reden. Ein weiterer Akt der Provinzposse „Berlin, wie es uns gefällt“.

  15. 15.

    4 Senatorinnen. 0 Männer . CDU und SPD von Spandauern geführt. Wo bleiben die Kommentare der Jusos über Quoten ?

  16. 13.

    Erstaunlich. Diejenigen, die ansonsten die Teilnehmerzahl an (linken) Demonstrationen u.a. in Bezug zur Gesamtbevölkerung setzen um sie damit für irrelevant zu erklären, können nicht genug tun, die wenigen Hundert Stimmen, die Frau Giffey über den Durst hatte, als überragendes Massenvotum der Berliner Bevölkerung für die schwarz-blassrote Koalition hochzuschreiben.

  17. 12.

    5.200 Mitglieder scheint ein politisches Chaos lieber, als eine geordnete Regierung für Berlin. Wenn man sich den Zustand der Berliner SPD ansieht, dann kann einem Angst und Bange werden. Die Spaltung ist unübersehbar, 45,7% haben dagegen votiert, wie kann man da von einer stabilen Mehrheit sprechen. Und für die Koalition mit der CDU wäre dieser Spruch passend: Vorwärts nimmer, rückwärts immer.

  18. 11.

    Kann weg, der reißt nichts genau wie die Meißten, kleben an ihren Machtsesseln wie die Klimafuzzis!

  19. 10.

    Das ist auch gut so, Er könnte es auch garnicht. Wenn man Ihn hört in seiner Ahnungslosigkeit hat Berlin genug von diesen Leuten im Senat zu sitzen

  20. 8.

    Wer die SPD Wähler so verraten hat, gehört eigentlich aus der Partei geschmissen mwie Giffey.

  21. 7.

    Man sollte Herrn Saleh austauschen, damit die SPD eine Chance hat, hier nun auch vieles besser zu machen. "Time to say goodby, Mr Saleh!"

  22. 5.

    Saleh macht sich bereit füe den bächsten GrünRotRoten Senat.

  23. 4.

    Natürlich ist das eine knappe Mehrheit.
    Knapper wären nur noch 53, 52 oder 51 Prozent.
    Jetzt muss die SPD beweisen, dass sie als Junior-Partnerin regieren kann.
    Unter einem regierenden Bürgermeister der CDU.

  24. 3.

    Eine gute Mehrheit der SPD Mitglieder,die an der Abstimmung beteiligt waren, haben dem Schw.-Roten Koalitionsvertrag zugestimmt. Das ist keine "knappe Mehrheit" ! Ich gratuliere der Berliner SPD und den Berliner(innen) zu dieser Entscheidung. Die CDU wird heute das "ja" bekanntgeben. Dann kann Schw.-Rot beginnen, die fatale Berlin-Politik von RRG / RGR, zu korrigieren. Sicher nicht in allen Punkten. Aber, an vielen Stellen. Das braucht Zeit, Kraft, Durchhaltevermögen... Viel Erfolg !

  25. 2.

    Das hätte ich jetzt nicht gedacht!
    Herr Saleh hat den Mut, nicht in den Senat zu gehen!
    Geschickt eingefädelt!
    Scheitert der Senat, behält er als Fraktionsvorsitzender die Macht...
    Die zukünftige Rollenverteilung ist jetzt klar: Frau Giffey kann sich mit Herrn Wegner allein rumärgern und kann sie sich mal nicht durchsetzen, ruft Herr Saleh vom Spielfeldrand! Enweder ein " Wie unfair, Herr Wegner!", oder ein "Du musst kämpfen, Franziska!"
    Teamarbeit geht anders...

  26. 1.

    Gott sei Dank

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