Wiederholungswahl mit Hindernissen - Alte Pannen, neue Pannen

Mo 23.01.23 | 19:32 Uhr | Von Christoph Reinhardt
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Iris Spranger (SPD), Berliner Senatorin für Inneres. (Foto: Fabian Sommer/dpa)
Bild: Fabian Sommer/dpa

Bei den Vorbereitungen der Berliner Wiederholungswahl werden immer wieder neue Pannen bekannt. Der neue Landeswahlleiter spricht von "Fehlern, die nicht passieren dürfen". Trotzdem sei die Situation viel besser als 2021. Von Christoph Reinhardt

Eine fehlende Wahlscheinnummer auf einem Rücksendeumschlag in Reinickendorf. Ein fehlendes Dienstsiegel auf einem Wahlschein in Charlottenburg-Wilmersdorf. Ein falsches Wahldatum auf einem englischsprachigen Informationsblatt zur BVV-Wahl. Im Bezirk Treptow-Köpenick wurden in
49 Fällen Briefwahlunterlagen doppelt verschickt, wie eine Sprecherin des Bezirks jetzt auf Anfrage mitteilte. Grund sei ein Softwarefehler.

Einbestellung in den Innenausschuss

Drei Wochen vor der Wiederholungswahl hat der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses die SPD-Innensenatorin und den neuen Landeswahlleiter einbestellt. Sie sollen den Abgeordneten erklären, wieso es trotz aller nach der peinlichen Chaoswahl 2021 getroffener Vorkehrungen Woche für Woche neue Irritationen gibt.

Für die SPD-Innensenatorin Iris Spranger ist die Diagnose klar: Gerade die hohe Sensibilität im Umgang selbst mit kleinsten Pannen erwecke einen falschen Anschein. "Ich glaube, es gab noch nie eine Situation, in dem ein Landeswahlleiter so vorbereitet in die Wahl hineingegangen ist. Und dass jede einzelne aufgetretene Sache sofort vom Wahlleiter, der Geschäftsstelle und den Bezirken besprochen und korrigiert wurde."

Spranger: "Einzelfälle, alles kleinere Einzelfälle"

Selbst wenn es nichts zu korrigieren gibt, veröffentlicht Landeswahlleiter Stephan Bröchler vermeintliche Wahlfehler auf seiner Internetseite. Als die CDU monierte, dass auf einem roten Rücksendeumschlag die Wahlscheinnummer fehlte, stellte Bröchler klar, dass dies auch gar nicht vorgeschrieben sei und die abgegebenen Stimmen dadurch nicht ungültig werden.

Mehr Aufwand verursachte eine Panne, bei der 1.700 Briefwähler einen falschen Stimmzettel bekamen. Der FDP-Bewerber hatte nach der Wahl Berlin verlassen und hätte eigentlich ersatzlos vom Stimmzettel gestrichen werden müssen, einen Nachrücker gab es nicht, aber sein Name wurde trotzdem erneut abgedruckt. Der Versand wurde gestoppt, die Stimmzettel neu gedruckt – und alle Betroffenen angeschrieben, damit sie einen neuen Wahlschein beantragen können.

Eine doppelte Stimmabgabe werde in diesem Fall verhindert, erklärt Bröchler, weil dabei der erste Wahlschein ungültig gemacht und die ursprünglich verwendeten Stimmzettel gar nicht erst mitgezählt würden. Aber auch die Stimmen derer, die nicht aktiv werden, würden mitgezählt – die Stimmen für den verzogenen FDP-Bewerber wären in diesem Fall allerdings ungültig. "Das darf nicht passieren, das ärgert mich auch maßlos", sagt Bröchler. "Aber es gibt keine hundertprozentig fehlerlosen Wahlen."

"Jeder Fehler wird ernst genommen und korrigiert“

Schlicht peinlich sei ein Fehler, bei dem der zweite Vorname eines Kandidaten genauso falsch vom Stimmzettel 2021 für die Wiederholungswahl übernommen worden war. Obwohl der Bewerber den Fehler schon damals angezeigt hatte. Der Mitarbeiter, dem das Unterlaufen sei, habe an dem Tag 18 Stunden gearbeitet, sagt Bröchler, "der ist total zerknirscht". Bröchler setzt auf einen bewusst offenen Umgang mit solchen Fehlern: Er wolle den Berlinerinnen und Berlinern signalisieren, dass jede Panne und jeder Fehler ernst genommen und korrigiert werde.

Zumindest über fehlendes Vertrauen der Wahlberechtigten in die Briefwahl kann er sich nicht beschweren: Rund 364.000 Wahlscheine hat der Landeswahlleiter bis jetzt gezählt, etwas mehr als zum entsprechenden Zeitpunkt vor der letzten Wahl. Für einen pannenarmen Wahltag ist das ein gutes Zeichen: Je mehr Menschen per Brief wählen, desto weniger Druck entsteht in den Wahllokalen. Dort sind nun deutlich mehr Wahlhelfer eingeplant, mehr Zeit in den Wahlkabinen, obwohl weniger Stimmzettel auszufüllen sind – die Situation sei eine ganz andere als bei den Chaoswahlen von 2021, konstatiert der Wahlleiter.

Durchgriffsrechte für den Landeswahlleiter

Dennoch mahnt Bröchler zumindest langfristig mehr Befugnisse und eine bessere Ausstattung seiner Behörde an. Um den reibungslosen Ablauf der Europawahlen 2024, der Bundestagswahl 2025 und der regulären Berliner Wahlen 2026 gewährleisten zu können, benötige die Landeswahlleitung Durchgriffsrechte gegenüber den Bezirken und mehr Personal.

Gleich nach den Wiederholungswahlen müssten sich die Abgeordneten daran machen, die Vorschläge der Expertenkommission abzuarbeiten und das Berliner Wahlrecht anzupassen, fordert SPD-Innensenatorin Spranger die Abgeordneten auf. Die Wiederholungswahlen müssen allerdings noch unter denselben rechtlichen Bedingungen durchgeführt werden wie die Wahlen 2021, das hat das Landesverfassungsgericht ausdrücklich bestätigt. Spranger will das allerdings nicht als Ausrede für noch einen holprigen Wahlabend hinnehmen. Sie erwarte, dass alle Beteiligten auch so an einem Strang ziehen, schon wegen der Außenwirkung. "Ich möchte das Bild der Bundeshauptstadt Berlin wieder herstellen: Wir können Wahlen."

Beitrag von Christoph Reinhardt

33 Kommentare

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  1. 33.

    Bekannte sind seit der Wahl von Berlin raus eufs Land gezogen.

    In der Wahlwiederholung dürfen sie nicht mitwählen.
    Ihre Stimmen werden ignoriert.

    Finde ich ungerecht, nay, undemokratisch.

  2. 32.

    Es geht doch um eine Wahlwiederholung in Berlin...Richtig?!?!
    Als Ur-Berlliner:in muss man sich schon wundern... Wie kann es sein, dass jetzt hier Wähler:innen/Jugendliche/ quasi neue Wahlberechtigte im Jahr 2023 zur Wahlwiederholung "eingeladen" werden, die zum Zeitpunkt der eigentlichen Wahl 2021 nicht mal wahlberechtigt waren?!?!
    In meinen Augen hat das nichts mit Unterbesetzung in den Ämtern Berlins zu tun..es sind einfach Vorgaben "von oben"... Glückwunsch Berliner Politik!!!!!

  3. 31.

    Berlin bekommt es offenbar nicht hin, vernünftig Wahlen abzuhalten.

    Ich unterstelle Absicht und Wahlbetrug!

    Anders kann man es sich auch wirklich nicht mehr erklären. Den Mist den die dort abziehen - kann demokratisch auch niemals! legitimieren!

  4. 30.

    Und für meine an Weihnachten verstorbene und bis dato in Berlin lebende Mutter kamen noch Wahlunterlagen. Das war für mich sehr makaber.

  5. 29.

    Berlin, Berlin, Du bist unschlagbar...

  6. 28.

    Unterstützung der Berliner Verwaltung mag das eine sein, um hier das eine oder andere Problem zu identifizieren und zu lösen.

    "Eine Regierung vor die Nase setzen" wäre schlicht undemokratisch und nicht akzeptabel. Finanzausgleich hin oder her.

    Darf ich zu guter Letzt fragen, wer mit "Chaosparteien" gemeint ist? Nach meiner Kenntnis liegen weder die APPD noch "Die PARTEI" in den Umfragen besonders weit vorne...

  7. 27.

    "Der Mitarbeiter, dem das Unterlaufen sei, habe an dem Tag 18 Stunden gearbeitet, sagt Bröchler, "der ist total zerknirscht"."

    Ja gut, das ist ja auch nur so etwa 80% über der in Ausnahmen maximal erlaubten Arbeitszeit...

  8. 26.

    Einmal ist schon peinlich, aber schon WIEDER Fehler bei Wahlbenachrichtigungen ect. ? Da kann man doch nur zum Schluß kommen, daß die Berliner Verwaltung schlicht zu dumm ist ! Auch laut Umfragen sind die gleichen Chaotenparteien wieder vorne ! Die Geberländer aus dem Süden sollten den Berlinern eine Regierung vor die Nase setzen, denn anders klappt es anscheinend nicht !

  9. 25.

    Zitat: "Warum?"

    Na weil daraus RRG hervorgegangen ist, was dem Lutz wohl heute noch nicht ganz koscher vorkommt. ;)

  10. 24.

    Warum läuft es nicht??
    Ich rede jetzt nicht von den vielen Arbeitenden, die Ihre Aufgaben gründlich und gewissenhaft erledigen.
    Ich rede von der sich immer mehr ausbreitenden "Juckt mich nicht Plage".
    Niemand muss mehr für irgendwas Verantwortung übernehmen.
    Es kann noch so großer Unfug verbockt werden, Verantwortung wird weggelächelt.
    Warum soll ich mich denn noch anstrengen. Pünktlich zum Ersten ist mein Geld da.
    Mein Job ist zu 100% sicher, solange ich Fehler nicht absichtlich mache.
    Wenn ich Fehler mache sind entweder die anderen daran Schuld, ich habe es nicht gewusst,
    damit konnte ja keiner rechnen,... Wer sagt denn heute: "Da ist mir ein Fehler unterlaufen, dass tut mir leid"
    Fast Niemand. Ist doch nicht schlimm. Fehler passieren. Nur dazu stehen sollte man.
    Klar ist man dann einmal der Depp der Nation. Stehe ich aber nicht dazu und eiere rum. Dann mache ich mich für Wochen und Monate zum Deppen (siehe unsere Regierung oder unseren Senat).

  11. 23.

    "Ich frage mich langsam, ob denn die vorletzten Wahlen üerhaupt OK waren."

    Warum? Die vorletzte Wahl (2016) lag in der Verantwortung der regierenden CDU (Innensenator Henkel). Die glänzten doch mit ihrer Kompetenz... *Ironie aus

  12. 22.

    Ich danke für Ihren Kommentar, der sich wohltuend von den der Oberschlauen abhebt, die mit Sicherheit noch nie Wahlhelfer waren und immer nur alles schlecht reden wollen.

    Ich habe das Berlin Bashing so satt...

  13. 21.

    Eine Wahl die 100 % richtig läuft wird es nicht geben. Ich bin selber seit 2002 Wahlhelfer im Bezirk als Wahlvorsteher. Was bei der letzten Wahl, dass große Problem war, dass man drei Wahlen auf einmal gemacht hat. Ein andere nicht zu unterschätzender Punkt war, dass wir sehr strenge Corona Vorschriften hatte. Das heißt die Schulung die damals durchgeführt wurden haben sich viel mit Corona beschäftigt. Ging nicht anders. Die Wartezeiten waren schon sehr lang (zu lang). Man hätte sich auf eine Wahl konzentrieren sollen. Die Personen die mit der Wahl betraut sind geben schon Ihr bestes. Was mir eher sorgen macht, das man jetzt nur 90 Tage Zeit. Es werden wieder nicht behindert gerecht Schule eingesetzt, obwohl es Möglichkeiten gibt in der gleichen Schule Turnhallen zu benutzen. Was mir persönlich gewundert hat, dass man als Wahlvorsteher in der Reserve keine Schulung mehr in präsent angeboten bekommt, sondern auf nachfragen Youtube Video bekommt. Das wurde beim letzten mal Reklamiert.

  14. 20.

    Berlin ist ne wirkliche Lachnummer geworden.......es wird nur noch lächerlicher.

  15. 19.

    Nix neues unter #RRG

  16. 18.

    Gib es auch positive Nachrichten aus dieser Stadt? Vielleicht sollten vor Besetzung wichtiger Funktionen auch mal die Schulbildung, Lehr- und Berufsbildung und ganz wichtig die Abschlüsse berücksichtigt werden....... und nicht nur sich hochquatschen und wichtig tun.
    Ist doch echt nervig, nur von Pannen und Pleiten zu hören.

  17. 17.

    Wieso? Frau Giffey hat versprochen das die Wiederholungswahl reibungslos verlaufen wird.

    Das zu kritisieren ist schon „schlechtreden“?

  18. 16.

    Das ist ein trauriger Anlass, aber ist ein Beispiel für das generelle Versagen dieses Senats.
    Nur noch Chaos wohin man sieht.

  19. 15.

    Ist hier auch nur einer/eine von den meckernden Kommentierenden dabei, derdie als Wahlhelfer:in oder in den Wahlzentren mitarbeitet und mit dafür sorgt, dass alles klappt? Null Fehler gibt es nicht und das, was ich lese in den Berichten ist pillepalle. Daraus zu schließen, Berlin könne nicht WAHLEN, ist Mumpitz. Unsere Demokratie ermöglicht Wiederholungswahlen und das ist gut so.

  20. 14.

    Dann haben die rechten Verschwörungsverschwurbler endlich noch ein Thema gefunden, Bravo!

  21. 13.

    Auch DEUTSCHE Analphabeten - mehrere Hunderttausend in Berlin - sind wahlberechtigt.

  22. 12.

    Eine Wahl die 100 % richtig läuft wird es nicht geben. Ich bin selber seit 2002 Wahlhelfer im Bezirk als Wahlvorsteher. Was bei der letzten Wahl, dass große Problem war, dass man drei Wahlen auf einmal gemacht hat. Ein andere nicht zu unterschätzender Punkt war, dass wir sehr strenge Corona Vorschriften hatte. Das heißt die Schulung die damals durchgeführt wurden haben sich viel mit Corona beschäftigt. Ging nicht anders. Die Wartezeiten waren schon sehr lang (zu lang). Man hätte sich auf eine Wahl konzentrieren sollen. Die Personen die mit der Wahl betraut sind geben schon Ihr bestes. Was mir eher sorgen macht, das man jetzt nur 90 Tage Zeit. Es werden wieder nicht behindert gerecht Schule eingesetzt, obwohl es Möglichkeiten gibt in der gleichen Schule Turnhallen zu benutzen. Was mir persönlich gewundert hat, dass man als Wahlvorsteher in der Reserve keine Schulung mehr in präsent angeboten bekommt, sondern auf nachfragen Youtube Video bekommt. Das wurde beim letzten mal Reklamiert.

  23. 11.

    Naja, wenn einem die Briefwahl quasi vorbehalten wird, weil die Wahlbenachrichtigung zu spät eintrifft, weiß ich nicht ob von "besser" die Rede sein kann. Korrekter Ablauf sieht anders aus.

  24. 10.

    Ich frage mich langsam, ob denn die vorletzten Wahlen üerhaupt OK waren.

  25. 9.
    Antwort auf [Opa Klaus ] vom 23.01.2023 um 19:55

    Ihr erstaunter Kommentar lässt nur darauf schließen, dass Sie nicht wissen, dass auch EU-Bürger bei den Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen wahlberechtigt sind. Dies gilt für Wahlen auf kommunaler Ebene EU-weit - also auch für deutsche Staatsbürger, die in einem anderen EU-Land leben und dort gemeldet sind.

  26. 8.

    Hallo Hansen, Voraussetzung für die Wahlberechtigung ist nicht Deutsch zu können. Das Wahlrecht sagt nichts darüber aus, welche Sprache jemand sprechen können muss. Er muss auch nicht lesen und schreiben können oder irgendetwas von Politik verstehen.

  27. 6.

    es wird immer peinlicher in Berlin. Statt Weltstadt verkommt die Stadt zur Provinzposse.

  28. 5.

    "Nö, da herrschen ja auch Demokraten." Da die rechtsextreme AfD nirgendwo in Regierungsverantwortung ist (Gott bewahre!), hier auch.

  29. 4.
    Antwort auf [Opa Klaus ] vom 23.01.2023 um 19:55

    Nö, da herrschen ja auch Demokraten.

  30. 3.
    Antwort auf [Opa Klaus ] vom 23.01.2023 um 19:55

    Genau, die Amtssprache ist Deutsch. Also werden Unterlagen nur in Deutsch verstand. Wer die Sprache nicht kann, soll sie lernen. Denn für die deutsche Staatsbürgerschaft sind ja Deutschkenntnisse vorgeschrieben.

  31. 2.
    Antwort auf [Opa Klaus ] vom 23.01.2023 um 19:55

    Gehen Sie mal zum Bürgeramt (ach so, geht ja in Berlin nicht ohne Termin), da würden Sie sich wundern, in welchen Sprachen da offizielle Informationensschreiben existieren. ;-)

  32. 1.

    Ich möchte stark bezweifeln, dass Berlin "Wählen kann".

    Alle Wahlen seit mehr als 10 Jahren entsprachen in Berlin nicht den Regeln, weil Berlin Monate langen Verzug bei An- und Ummeldungen hat und somit die Wahlregister nie gestimmt haben...

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