Pannen in mehreren Wahlkreisen - Einsprüche gegen die Berlin-Wahl ab sofort möglich

Do 28.10.21 | 12:59 Uhr
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Eine Frau gibt in einem Wahllokal Wahlzettel für die Wahl des Abgeordnetenhauses und den Volksentscheid in Berlin ab. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Video: Abendschau | 28.10.2021 | Sabrina Wendling | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Fast fünf Wochen nach dem von Pannen geprägten Wahlsonntag in Berlin sind die Ergebnisse offiziell im Amtsblatt veröffentlicht worden. Das heißt: Ab jetzt können die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten angefochten werden.

In einer Sonderausgabe des gesetzlichen Amtsblattes ist am Donnerstag das amtliche Endergebnis sowohl für die Abgeordnetenhauswahl als auch für die Bezirksverordnetenversammlung in Berlin veröffentlicht worden.

Damit beginnt die gesetzliche Frist von vier Wochen, in denen Einsprüche gegen die Abgeordnetenhauswahl und die Bezirksverordnetenversammlungen beim Berliner Verfassungsgerichtshof eingelegt werden können.

Grundsätzlich ist jeder einspruchsberechtigt

Dieser muss die schriftlich begründeten Einsprüche dann prüfen und über eine mögliche Wahlwiederholung in den betroffenen Wahlkreisen entscheiden. Es ist noch nie vorgekommen, dass eine ganze Wahl zu Fall gebracht wurde. Aber auch die Wiederholung in nur kleinen Teilen kann für einige Betroffene und auch Abgeordnete wichtig sein, deren Einzug ins Parlament nur an wenigen Stimmen gescheitert ist.

Einspruchsberechtigt sind je nach unterstelltem Wahlfehler betroffene Abgeordnete und Kandidaten, die Wahlleitungen auf Bezirks- und Landesebene, die Fraktionen oder der Präsident des Abgeordnetenhauses, die Senatsverwaltung für Inneres oder Parteien. Normale Wählerinnen und Wähler können sich nur bei mutmaßlichen Fehlern im Hinblick auf Wahlverzeichnis und Wahlschein an den Verfassungsgerichtshof wenden. Einen Anwaltszwang gibt es nicht. Das Verfahren ist auch kostenlos. Es empfiehlt sich aber vor dem Gang zum Gericht, sich erstmal an die Landes- oder Bezirkswahlleitung zu wenden. Denn die Eingabe an das Gericht unterliegt formal strengen Regeln.

Landeswahlleiterin und Parteien kündigen Einsprüche an

Die Landeswahlleiterin hatte ihren Einspruch für zwei Wahlkreise der Abgeordnetenhauswahl bereits angekündigt. In zwei von 78 Wahlkreisen habe es Rechtsverstöße in einer Größenordnung gegeben, die Auswirkungen auf die Mandatsverteilung haben könnten. Demnach sollen die Erststimmen-Ergebnisse in einzelnen Wahlkreisen der Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf überprüft werden.

Aber auch Parteien haben Einsprüche angekündigt, etwa die Satirepartei "Die Partei". Der ehemalige FDP-Abgeordnete Marcel Luthe, mittlerweile bei den Freien Wählern, hat seinen Einspruch beim Gericht bereits eingereicht, obwohl die offizielle Einspruchsfrist noch nicht begonnen hat.

Streng genommen ist dieser damit unzulässig, sagte Verfassungsrechtsexperte Christian Pestalozza zu rbb|24. Luthe könne ihn aber noch einmal fristgerecht einlegen. "Er hat sein Einspruchsrecht mit dem ersten - noch unzulässigen - Antrag nicht 'verbraucht'", so der Experte.

Vermutung: Kartons mit Stimmzetteln falsch bedruckt

Die Wahlen waren von zahlreichen Pannen und organisatorischen Problemen geprägt. Insgesamt machte fast jedes zehnte Wahllokal in Berlin am Superwahltag Probleme. Das berichtete die scheidende Landeswahlleiterin Michaelis Anfang Oktober dem zuständigen Wahlausschuss - und sprach selbst von erschreckenden und ärgerlichen Zahlen. Konkret sei es in 207 von 2.254 Wahlbezirken bei der Abgeordnetenhauswahl am 26. September zu "Unregelmäßigkeiten" gekommen.

Zuvor hatte die Innenverwaltung bekanntgegeben, dass Probleme auch durch vertauschte, also eigentlich für andere Bezirke gedruckte Stimmzettel auftraten. Die Ursache habe vermutlich in einer falschen oder fehlenden Beschriftung der Stimmzettelkartons durch die beauftragte Druckerei gelegen.

Sendung: Inforadio, 27.10.2021, 14 Uhr

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27 Kommentare

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  1. 27.

    Raffael:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 28.10.2021 um 02:34
    Das sowas aus ihrem Mund kommt erstaunt.
    Sie berufen sich auf den Rechtsstaat?"

    Was erstaunt Sie daran?
    Wenn im Bezirk A ein gewählter Direktkandidat 1000 Stimmen Vorsprung vor dem Zweiten hat, und es 500 fehlerhafte Stimmen gibt, so ist er doch unzweifelhaft gewählt und darf nicht sein Mandat durch Neuwahl wieder verlieren, nur weil im Nachbarbezirk B die Fehler mandatsrelevant sind, so dass dort die Wahl wiederholt werden muss. Das ist doch logisch. Gewählt ist gewählt, wenn das Ergebnis eindeutig ist. Und ob der Gewählte nun 1000 oder 500 Stimmen Vorsprung hat ist dafür, dass er gewählt ist, völlig irrelevant.

  2. 26.

    Lana se:
    "Antwort auf [sententia] vom 28.10.2021 um 14:28
    Das ist fein beobachtet, aber allein die Tatsache daß in einigen Bezirken noch nach 18:00 gewählt werden "durfte" also nachdem die die ersten Hochrechnungen da waren ist Grund genug und auch mandatsrelevant!"

    Entscheidend ist allein, ob man um 18:00 schon in der Schlange der Wähler gestanden hat oder nicht! Ich denke, die ersten Hochrechnungen, die ja auch nur ungefähre Schätzwerte sind, ohne dass dem das Auszählungsergebnis eines einzigen Wahllokals vorliegt, werden kaum einen Wähler beeinflusst haben. In der Regel wissen die Wähler vorher, was sie wählen wollen und lassen sich durch solche Schätzwerte nicht davon abbringen. Und außerdem betrifft dies prozentual nur sehr wenige Wähler.


    Lana se:
    "Wenn so was (in Summe) in anderen Ländern passiert ist die Aufregung groß."

    ... wenn dies absichtlich passiert und nicht nur fahrlässig wie bei uns hier.

  3. 24.

    Wenn Sie die vorherigen Kommentare von mir und Alice gelesen hätten wüßten Sie, dass ich nix verwechselt habe.

  4. 23.

    @Lana se, auch die Wähler, die nach 18Uhr gewählt haben, sind doch wohl in die Analyse mit eingeflossen. Nein ich bin mit dem Ablauf der Wahl nicht zufrieden. Aber ich fände nach jetztigem Stand komplette Neuwahlen für nicht verhältnismäßig.

  5. 22.

    "Wo bitte sitzen also die Demokratieschädlinge ?
    Wenn Sie jetzt sagen : In der AFD, dan brauchen Sie ganz dringend Hil...."

    Hilfe gegen ihre dümmliche AfD Propaganda? Danke, die ist schwer erträglich aber Hilfe dagegen wäre übertrieben.

    https://www1.wdr.de/nachrichten/chat-aussagen-afd-landesvize-helferich-102.html

  6. 21.

    Wenn in vielen Wahlbezirken die Stimmen nur geschätzt worden sind, kann es nur eines geben, nämlich Neuwahlen! Alles Andere ist eine Farce! "Wehret den Anfängen" kann man da nur sagen!

  7. 20.

    Das sowas aus ihrem Mund kommt erstaunt.
    Sie berufen sich auf den Rechtsstaat?

  8. 19.

    Das ist fein beobachtet, aber allein die Tatsache daß in einigen Bezirken noch nach 18:00 gewählt werden "durfte" also nachdem die die ersten Hochrechnungen da waren ist Grund genug und auch mandatsrelevant! Wenn so was (in Summe) in anderen Ländern passiert ist die Aufregung groß. Ich freue mich für sie das ihnen die aktuelle Situation gefällt, sie ist aber nicht belastbar begründet.

  9. 18.

    " In zwei von 78 Wahlkreisen habe es Rechtsverstöße in einer Größenordnung gegeben, die Auswirkungen auf die Mandatsverteilung haben könnten. "

    Das ist erstmal nicht viel. Nichtdestotrotz ist es aber sinnvoll und legitim. meinetwegen sogar erforderlich, in diesen beiden Bezirken neu wählen zu lassen, oder wenigstens die, die nicht wählen konnten (und bisherigen Nichtwähler, was dann zwar auch wieder zusätzlich verzerrt, aber die kann man ja schlecht von den Gernegewählthabenden trennen) die Möglichkeit zu geben, ihre Stimme nachträglich noch abzugeben, obwohl die ja das Ergebnis schon kennen und damit den anderen Wählern gegenüber einen "Vorteil" haben. Schwierige Kiste.
    Trotzdem halte ich komplette Neuwahl in Summe für übertrieben bzw aufgrund des insgesamt (!)geringen Prozentsatzes der nicht abgegebenen Stimmen für nicht angemessen. Aber ich bin natürlich kein Verfassungsrichter, sondern habe nur einen gesunden (?) Menschenverstand (??).

  10. 17.

    Na, wenn die Bearbeitung der Einsprüche so "zügig" vonstatten geht, wie die Terminvergabe in den Bürgerämtern bzw. der Bau des BER, dann kann sich ja die überübernächste Regierung mal damit befassen.

  11. 16.

    Nun müssten Sie mal definieren, was "großflächig einwandfrei" bedeutet. Also unter anderem, welche Fehler noch tolerabel sind. Oder wer und wieviele Wahlberechtigte Zweifel haben dürfen und wie diese zu begründen sind bis dann wieder die Schwelle zur Neuwahl erreicht wird. Wie neu gewählt werden soll - in betroffenen Wahlkreisen, Wahlbezirken, Wahllokalen.

    Und eine Begründung, warum die Mandatsrelevanz als Anhaltspunkt nicht geeignet erscheint, gehört dann auch dazu.

    Andernfalls ist Ihre Forderung nicht ernstzunehmen.

  12. 15.

    Solange die Rechtsverstöße nicht mandatsrelevant sind, gilt gewählt ist gewählt. Komplette Neuwahlen sind undemokratisch und unsinnig. Die hier jetzt so etwas fordern, würden auch bei einer zweiten Wahl nicht zufrieden sein. Wir sind ja nicht bei "wünsch dir was". Es ist ärgerlich, dass einiges bei dieser Wahl schief lief, aber das ist untersucht worden und die mandatsrelevanten Fehler sind bekannt. Man baut ja auch kein Haus neu, nur weil ein Fenster nicht schließt.

  13. 14.

    Genau das dachte ich auch. Gerade die, die die Demokratie mit Füßen treten schreien mal wieder am lautesten.

  14. 13.

    "Meine Hoffnung ist, dass Frau Giffey, die vor der Wahl absichtlich einen anderen Eindruck erweckt hat als sie nach der Wahl Handelt, abgewählt wird. Jetzt kennen wir ja die Diskrepanz zwischen reden und handeln." Dem kann man nichts hinzufügen !

  15. 12.

    Sehr geehrte Christina,
    vieleicht hatte sie es mit Hessenwinkel verwechselt. Das ist in Friedrichshagen in Richtung Erkner.
    Mit freundl. Grüßen

  16. 11.

    Sehr geehrter Herr Karl,
    mit dieser Äußerung wäre ich lieber vorsichtig. Oder denken sie etwa das diejenigen, die nach stundenlangem warten entnervt gegangen sind, oder die älteren Wähler und Wählerinnen die wegen fehlenden Sitzmöglichkeiten auch wieder kehrt machten und die fehlenden Stimmzettel uvm. sind alles der AfD zuzuschreiben? Also überlegen Sie bitte bevor sie etwas schreiben. Dann war ihrer Meinung auch die AfD schuld das bei Bekanntmachung der ersten Hochrechnungen die Leute noch vor den Wahllokalen standen? Oder wie?
    Mit freundl. Grüßen

  17. 10.

    Nahein - Beerwinkel liegt in dem anderen schönsten Bezirk Berlins und nicht in Köpenick :-)

  18. 9.

    Also sie sind dafür das Politiker deren Wahl mehr als zweifelhaft ist uns regieren. Dazu muss ich sagen: Es ist ein Armutszeugnis dieser Postengeilen Politiker, die ganz genau wissen das es bei der Wahl Unstimmigkeiten gab und trotzdem labern Sie was von Demokratie und setzten sich auf ihren Polstersessel. Ohne die geringste Scham.
    Wo bitte sitzen also die Demokratieschädlinge ?
    Wenn Sie jetzt sagen : In der AFD, dan brauchen Sie ganz dringend Hil....

  19. 8.

    "Neuwahlen sind unerlässlich! Wo ist sonst unsere Demokratie???" Das schreien ausgerechnet die, die unsere Demokratie mit ihrem Geschrei nachhaltig beschädigen wollen.

    Die rechtsextremen Wähler der AfD.

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