Pannen in mehreren Wahlkreisen - Einsprüche gegen die Berlin-Wahl ab sofort möglich
Fast fünf Wochen nach dem von Pannen geprägten Wahlsonntag in Berlin sind die Ergebnisse offiziell im Amtsblatt veröffentlicht worden. Das heißt: Ab jetzt können die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten angefochten werden.
In einer Sonderausgabe des gesetzlichen Amtsblattes ist am Donnerstag das amtliche Endergebnis sowohl für die Abgeordnetenhauswahl als auch für die Bezirksverordnetenversammlung in Berlin veröffentlicht worden.
Damit beginnt die gesetzliche Frist von vier Wochen, in denen Einsprüche gegen die Abgeordnetenhauswahl und die Bezirksverordnetenversammlungen beim Berliner Verfassungsgerichtshof eingelegt werden können.
Grundsätzlich ist jeder einspruchsberechtigt
Dieser muss die schriftlich begründeten Einsprüche dann prüfen und über eine mögliche Wahlwiederholung in den betroffenen Wahlkreisen entscheiden. Es ist noch nie vorgekommen, dass eine ganze Wahl zu Fall gebracht wurde. Aber auch die Wiederholung in nur kleinen Teilen kann für einige Betroffene und auch Abgeordnete wichtig sein, deren Einzug ins Parlament nur an wenigen Stimmen gescheitert ist.
Einspruchsberechtigt sind je nach unterstelltem Wahlfehler betroffene Abgeordnete und Kandidaten, die Wahlleitungen auf Bezirks- und Landesebene, die Fraktionen oder der Präsident des Abgeordnetenhauses, die Senatsverwaltung für Inneres oder Parteien. Normale Wählerinnen und Wähler können sich nur bei mutmaßlichen Fehlern im Hinblick auf Wahlverzeichnis und Wahlschein an den Verfassungsgerichtshof wenden. Einen Anwaltszwang gibt es nicht. Das Verfahren ist auch kostenlos. Es empfiehlt sich aber vor dem Gang zum Gericht, sich erstmal an die Landes- oder Bezirkswahlleitung zu wenden. Denn die Eingabe an das Gericht unterliegt formal strengen Regeln.
Landeswahlleiterin und Parteien kündigen Einsprüche an
Die Landeswahlleiterin hatte ihren Einspruch für zwei Wahlkreise der Abgeordnetenhauswahl bereits angekündigt. In zwei von 78 Wahlkreisen habe es Rechtsverstöße in einer Größenordnung gegeben, die Auswirkungen auf die Mandatsverteilung haben könnten. Demnach sollen die Erststimmen-Ergebnisse in einzelnen Wahlkreisen der Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf überprüft werden.
Aber auch Parteien haben Einsprüche angekündigt, etwa die Satirepartei "Die Partei". Der ehemalige FDP-Abgeordnete Marcel Luthe, mittlerweile bei den Freien Wählern, hat seinen Einspruch beim Gericht bereits eingereicht, obwohl die offizielle Einspruchsfrist noch nicht begonnen hat.
Streng genommen ist dieser damit unzulässig, sagte Verfassungsrechtsexperte Christian Pestalozza zu rbb|24. Luthe könne ihn aber noch einmal fristgerecht einlegen. "Er hat sein Einspruchsrecht mit dem ersten - noch unzulässigen - Antrag nicht 'verbraucht'", so der Experte.
Vermutung: Kartons mit Stimmzetteln falsch bedruckt
Die Wahlen waren von zahlreichen Pannen und organisatorischen Problemen geprägt. Insgesamt machte fast jedes zehnte Wahllokal in Berlin am Superwahltag Probleme. Das berichtete die scheidende Landeswahlleiterin Michaelis Anfang Oktober dem zuständigen Wahlausschuss - und sprach selbst von erschreckenden und ärgerlichen Zahlen. Konkret sei es in 207 von 2.254 Wahlbezirken bei der Abgeordnetenhauswahl am 26. September zu "Unregelmäßigkeiten" gekommen.
Zuvor hatte die Innenverwaltung bekanntgegeben, dass Probleme auch durch vertauschte, also eigentlich für andere Bezirke gedruckte Stimmzettel auftraten. Die Ursache habe vermutlich in einer falschen oder fehlenden Beschriftung der Stimmzettelkartons durch die beauftragte Druckerei gelegen.
Sendung: Inforadio, 27.10.2021, 14 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 28.10.2021 um 22:07 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.