Koalitionsverhandlungen in Berlin - Rot-Grün-Rot will Lehrer-Verbeamtung wieder einführen

Mi 24.11.21 | 11:42 Uhr
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Franziska Giffey (l-r), Landesvorsitzende der SPD, Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen und Klaus Lederer, Spitzenkandidat der Partei Die Linke, geben ein Pressestatement nach einer weiteren Runde der rot-grün-roten Koalitionsverhandlungen im Land Berlin. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Video: Abendschau | 24.11.2021 | Dorit Knieling, Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Carsten Koall

Wie angekündigt haben sich SPD, Grüne und Linke bei ihren Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, dass Lehrerinnen und Lehrer wieder verbeamtet werden sollen. Zudem soll der Übergang von der Grundschule zum Gymnasium verändert werden.

Die künftige Koalition aus SPD, Grünen und Linken in Berlin hat sich auf eine gemeinsame Linie in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik verständigt. Zentraler Punkt ist die Wiedereinführung der Lehrerverbeamtung ab dem Schuljahr 2023/24, wie SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey am Mittwoch sagte. Alle drei Parteien hätten sich klar dafür ausgesprochen, hieß es.

Für die Hauptstadt sei es ein extremer Standortnachteil, wenn alle Bundesländer außer Berlin Lehrkräfte verbeamteten, erklärte die SPD-Politikerin. Zwar könne ein solcher Schritt nicht der einzige sein, um gegen den Mangel an Lehrkräften vorzugehen. Es müsse aber verhindert werden, dass weiterhin jedes Jahr 700 Lehrerinnen und Lehrer in andere Länder abwanderten. Berlin hatte die Lehrerverbeamtung vor rund zwei Jahrzehnten abgeschafft.

Muss Altersgrenze für eine Verbeamtung angehoben werden?

Es gehe um eine "Option zur Verbeamtung" für alle Lehrkräfte, die dies wollten und die Voraussetzungen erfüllen würden, so Giffey. Zu klären sei noch, ob dafür die Altersgrenze für eine Verbeamtung angehoben werden müsse, wie ein Nachteilsausgleich für die Lehrkräfte aussehen kann, die nicht ins Beamtenverhältnis wechseln können und wie mit den Pensionslasten umgegangen werde, erklärte Giffey.

Giffey zufolge könnten zwischen 14.000 und 17.000 Lehrkräfte von der Option Gebrauch machen. Die finanziellen Auswirkungen müssten noch mit den Haushaltspolitikern geklärt werden.

Die wahrscheinlich neue Regierende Bürgermeisterin sagte zudem, für die Schule gehe es in den kommenden Jahren vor allem darum, in "Ruhe und Kontinuität" alle Vorhaben umzusetzen. "Umsetzen, anpassen, managen" solle das Credo sein.

Eignungsprüfung vor Eintritt ins Gymnasium geplant

Als ein weiteres konkretes Vorhaben kündigte Giffey an, das Verfahren für den Übergang von der Grundschule zum Gymnasium zu verändern. Jährlich würden rund 1.300 Kinder ohne Empfehlung auf ein Gymnasium wechseln. 500 würden es nicht schaffen und müssten die Klasse nach dem Probejahr wieder verlassen. Hier wolle Rot-Grün-Rot den Kindern eine negative Erfahrung ersparen und eine Eignungsprüfung vor Eintritt in das Gymnasium einführen, um weg vom Probejahr zu kommen, so Giffey.

Die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, äußerte sich zum Wissenschaftsbereich und kündigte an, "geradeaus steuern" zu wollen. Die vereinbarten Hochschulverträge seien in den Koalitionsverhandlungen abgesichert worden. "Auch in der Höhe", sagte Jarasch mit Blick auf die finanzielle Ausstattung der Hochschulen. Jarasch bekräftigte darüber hinaus, dass die drei Parteien zur Novelle des Hochschulgesetzes stünden. Es gehe um mehr dauerhafte Stellen im Mittelbau. Das sei auch ein Standortfaktor. Denn es sei schwer "Exzellenz in Berlin zu halten", so die Grünen-Politikerin.

Auch Linken-Landeschefin Katina Schubert bekannte sich zu diesen Verbesserungen für den akademischen Mittelbau, der nicht einfach ein Anhängsel der jeweiligen Professuren sein solle.

Tempelhofer Feld soll nicht bebaut werden

Am Dienstag hatten sich SPD, Grüne und Linke über das wohl strittigste Thema der Verhandlungen, die Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik in Berlin, verständigt. Zum Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienunternehmen wurde verabredet, dass eine Expertenkommission eingesetzt werden soll. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass das Tempelhofer Feld in den nächsten fünf Jahren nicht bebaut werden soll.

Am Mittwoch wollen die drei Parteien weiter verhandeln, dabei soll es zunächst um die Innere Sicherheit und Verwaltung gehen. Weitere noch offene Themen für die kommenden Tage sind unter anderem Haushalt und Finanzen. Laut Zeitplan soll der Koalitionsvertrag bis Freitag fertig sein.

Sendung: Abendschau, 24.11.2021, 19:30 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    @18-20+22: Sie interpretieren in die von Ihnen beantworteten Beiträge etwas hinein, was gar nicht drin steht. Ich sehe dort keinen Neid und keine Mißgunst. 22 behauptet auch nicht, daß in Brandenburg nicht verbeamtet wird. Alle 4 sagen nur, daß die Verbeamtung nicht die Mißstände beseitigt und daß es Wichtigeres gibt.

  2. 25.

    Die veranschlagten Kosten für Pensionen und Beihilfen von Bundesbeamten haben einem Bericht zufolge die 800-Milliarden-Euro-Marke durchbrochen. Der neuen Vermögensrechnung des Bundes zufolge ist die Pensionslast im Jahr 2019 auf 809 Milliarden Euro gestiegen, berichtete das Düsseldorfer "Handelsblatt" am Donnerstag. "Gegenüber dem Vorjahr ergibt sich ein Gesamtanstieg von 51,21 Milliarden Euro", heißt es im Bericht.

    Im Fünfjahresvergleich beträgt das Plus den Angaben zufolge 281 Milliarden Euro oder 53 Prozent. Demnach beliefen sich die Pensionsverpflichtungen für Bundesbeamte auf 595 Milliarden Euro, ein Plus von 28 Milliarden Euro gegenüber 2018.

    "Umfang der Verbeamtung in Deutschland zu weitreichend"
    Darin enthalten sind Ansprüche ehemaliger Post-Beamter in Höhe von 193 Milliarden Euro und ehemaliger Bahn-Beamter von 75,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen Beihilfen für Bundesbeamte bei Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen. Diese Ansprüche betrugen 213,8 Milliarden Euro

  3. 24.

    Warum nicht gleich mit dem Ende der Braunkohle im Jahre 2030 verbeamten... Wen wollen die eigentlich für dumm verkaufen!! Hätte nicht gedacht, dass ich das so schnell sage, ich vermisse den Müller jetzt schon.... Wir als mündige Bürger werden von vorne bis hinten verarscht, sonst nichts.

  4. 23.

    Egal wer , Beamten sollte Abgeschafft und sollen wie jeder andere in die Rentenkasse einzahlen

  5. 22.

    Was erzählen Sie denn da, Brandenburg verbeamtet, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, ebenso sollte es nun auch in Berlin sein. Man will eben qualifiziertes Personal, ist doch verständlich. Angestellte erfüllen in Brandenburg dann bestimmte Kriterien nicht, aber generell wird verbeamtet. Sie können also durchaus Studienrat im Brandenburger Land sein.

  6. 20.

    Ohne Lehrer wär es wohl noch schlechter um die Bildung bestellt, gell. Nur diese elende Neiddebatte zu führen, ersetzt keinen Studienrat, der tatsächlich eine sehr gute Ausbildung genossen hat. Was wollen wir für unsere Kinder denn nun wirklich, Quereinsteiger, weil billig, aber schlecht, oder tatsächlich qualifiziertes Personal?

  7. 19.

    Worauf sind Sie neidisch? Auf das Wissen, die Intelligenz oder einfach auf das Geld? Jeder kann Studienrat werden, man muss nur lange genug studieren und intelligent genug sein. Wir brauchen Pädagogen, wie wärs?

  8. 18.

    Neid ist der Vater und Missgunst heißt die Mutter. Werden Sie Lehrer, es ist ein sehr langer Weg bis zum Studienrat. Schauen Sie im Netz einfach nach, welcher Bildungsweg nötig ist und was das für die nachfolgenden Generationen bedeutet, intelligente und beständige Pädagogen zu haben. Es lohnt sich, diese gut zu behandeln.

  9. 17.

    Danke. Sehr richtig.

    Für die andere große Änderung (Aufnahmeprüfung) habe ich einen Gegenvorschlag, der allen (Kinder, Eltern, Lehrer, Staatshaushalt) gut tut:
    Gymnasien abschaffen! Alle gehen gemeinsam auf eine Schule und das von 1-13. Wer nach zehn Jahren keine Lust mehr hat, hört da auf und alle anderen machen halt länger. Das ist eine Lösung. Der Rest führt auch nicht dazu, dass die klügsten Köpfe gefördert werden. Der Kampf um die Plätze wird nur in die Grundschule verlagert. Am Problem des Klassizismus im Bildungssystem ändert das gar nichts.

  10. 16.

    Was bitte soll besser werden an der Ausbildung der Kinder, indem man LehrerInnen zukünftig wieder verbeamtet? Das Beamtenprivileg ist eher unzeitgemäß und sollte wohldosiert und nicht mit der Gießkanne verteilt werden.

  11. 15.

    Das haben die auch davor getan. Politik ist schmutzig. Ich habe da einige Erfahrungen gemacht, die unglaublich sind. Entsprechende Charaktere zieht es dorthin. Selbstsüchtige Egozentriker mit Profilneurose und erheblichen Kompensationsdruck. Ansonsten ist es auch nicht zu erklären, warum ich mir z.B. akademische Grade erschleiche. Sicher nicht für den akademischen Gebrauch.

  12. 14.

    Die Missstände werden dadurch in keiner Weise beseitigt. Es schafft allerhöchstens Gleichheit der Arbeitsrechtsverhältnisse mit dem Umfeld. Ich bin jedoch lieber angestellter Lehrer im ländlichen Brandenburg, als verbeamteter Lehrer in Berlin. Eben wegen der vielen Missstände, die bleiben oder schlimmer werden. Eine kurzsichtige Maßnahme mit kontraproduktiver Wirkung, wie so oft bei RRG in Berlin. Nicht dass in Brandenburg alles okay wäre. Der Hauptmissstand ist auch hier die Bildungspolitik.

  13. 13.

    Das Beamtentum ist eine urlinke Erfindung, oder? Vielleicht geht es aber nur darum, Lehrer für den unbeliebten Berliner Schuldienst zu ködern. Entscheiden Sie selbst. Wer das bezahlen darf, weiß ich aber schon.

  14. 12.

    Das Beamtentum wurde einst erschaffen, um das generelle Funktionieren des Staates zu garantieren. Dafür erhielten Beamte auf der einen Seite Privilegien, mussten sich andererseits aber zu absolutem Gehorsam verpflichten. Leider wurde diese Notwendigkeit nie wirklich an die sich ändernden Realitäten angepasst. Nicht jede Dienstleistung, die heute im Auftrag des Staates erbracht wird, ist auch eine hoheitliche, die eine Verbeamtung zwingend macht. Niemand braucht und vermisst heute noch den mürrischen Telepostbeamten, bei dem man unterwürfig einen Telefonanschluss beantragen durfte. Das selbe bei Bahn, ÖPNV, Banken, Briefverkehr. Warum müssen dann Lehrer weiterhin bzw. wieder verbeamtet werden? Zumal man damit ähnliche Berufsgruppen wieder benachteiligt, wie Erzieher oder Lehrer an freien Schulen. Einziger plausibler Grund ist, dass man die Pensionen schön in die Zukunft verlagern kann und keine/weniger Sozialabgaben heute zahlen muss.

  15. 11.

    Es besteht überhaupt keine Notwendigkeit Lehrer zu verbeamten, da diese keine hohheitlichen Aufgaben wahrnehmen.

  16. 10.

    Auch auf die Gefahr, mich zu wiederholen;
    Wenn die gesamte Infrastruktur"Schule"nicht endlich grundlegend verbessert wird-dazu gehören für mich personelle und technische Ausrüstung und deren Wartung und Pflege, angemessene Bezahlung der GESAMTEN pädagogischen und nichtpädagogischen Belegschaft, auch Schulung im Umgang mit "anspruchsvollen Erziehungsberechtigten"-ist Verbeamtung nicht DIE Lösung . Ja, Bildung kostet viel Geld-aber Berlin gibt für jeden anderen Blödsinn sehr viel mehr Geld aus !

  17. 9.

    Grüne und Linke haben bisher eine Verbeamtung abgelehnt, zusammen mit der GEW. Und bei der SPD ist hüh und hott angesagt. 2004 wurde von RotRot in Berlin beschlossen, ganz progressiv das Beamtentums im Lehrerberuf abzuschaffen.

  18. 8.

    Die Vorteile einer dann auch verdienten Pension und ein sicherer Arbeitsplatz werden aber teuer erkauft:
    Ca 7% weniger vom Brutto, damit (wie in Brb.) kein Cent mehr Netto rauskommt; Mehr/Zusatzarbeit in höheren Besoldungsstufen ohne Beförderungen; kein Arbeitsschutz (siehe Pandemie!), willkürlicher Ortswechsel; modernes "Sklavenhaltertum"; keine öffentl. Meinung; kein Streikrecht; in den Arbeitsjahren dafür geringere Bezahlung als woanders... usw.
    Gewinner ist das Land, weil die Sozial- u. Rentenanteile in die (Pensions-)Zukunft verlegt wird. Aber daran wird in Talkshows ja kräftig "gesägt" ohne alles zu sagen...um weniger Kenntnisreiche "abzuholen"...

  19. 7.

    Tja, da werden sich am meisten die Lehrerinnen und Lehrer freuen die jetzt noch das Alter für eine Verbeamtung haben aber in 2 Jahren nicht mehr. Ich will mal hoffen das der RBB darüber heute Abend in der Abendschau auch berichtet.

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