Regierungsbildung in Berlin - SPD und Grüne sondieren in zwei Dreierkonstellationen weiter

Fr 08.10.21 | 21:26 Uhr
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Franziska Giffey (l, SPD) und Bettina Jarasch (Bündnis 90/Die Grünen) treffen sich zu Sondierungsgesprächen im Kurt-Schumacher-Haus (Bild: dpa/Jörg Carstensen)
Video: Abendschau | 08.10.2021 | Sabrina Wendling | Dorit Knieling | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Umschalten auf Ampel oder weiter Rot-Rot-Grün - für diese beiden Optionen haben sich am Freitag die Sondierungskommissionen von SPD und Grünen entschieden. Die künftigen Gesprächspartner FDP und Linke zeigten sich überrascht.

SPD und Grüne in Berlin werden gemeinsam in die nächste Runde der Sondierungen gehen. Das erklärten die Spitzenkandidatinnen beider Parteien, Franziska Giffey und Bettina Jarasch, am Freitag vor Journalisten.

Am Montag, gut zwei Wochen nach der Abgeordnetenhauswahl, lädt die SPD laut Giffey zunächst FDP und Grüne zu einem ersten Dreiergespräch ein. Am Dienstag folge ein Gespräch mit Linken und Grünen.

Giffey machte deutlich, dass sie eine Ampel-Koalition bevorzugt - also neben SPD und Grünen auch die FDP. Jarasch hingegen bekräftigte, dass die Grünen auf eine Fortsetzung der bisherigen Koalition mit SPD und Linken setzen. "Leider haben wir uns aber mit der SPD noch nicht darauf verständigen können, wer die dritte Kraft an unserer Seite sein soll", so Jarasch.

Intern offenbar heftige Debatten

Die Ampel wäre alles andere als Jaraschs Wunschkonstellation. Die Grünen hatten sich vor wie nach der Wahl stets klar für eine Fortsetzung des rot-grün-roten Bündnisses mit SPD und Linken ausgesprochen. Noch nach der letzten Einzelsondierung am Donnerstag mit den Liberalen hatte Jarasch gesagt, wegen der inhaltlichen Unterschiede wären es "weite Wege", die FDP und Grüne zu gehen hätten, um gemeinsam zu regieren. Dennoch erklärte Jarasch nun, die Grünen seien gerne bereit, auch eine Ampelkoalition zu sondieren.

Auch der SPD-Entscheidung für die Sondierung beider Dreierbündnisse waren intern offenbar heftige Debatten vorausgegangen. Ursprünglich wollte die engere Parteispitze der Sozialdemokraten bereits am Morgen tagen, ebenso wie der Grünen-Landesvorstand. Beide Sitzungen wurden dann, wie es hieß "aus organisatorischen Gründen", auf den Nachmittag verschoben.

Im Vorfeld hatte es in der SPD immer wieder laute Forderungen nach einer Fortsetzung des Bündnisses mit Grünen und Linken gegeben – neben vier mitgliederstarken Kreisverbänden hatten sich unter anderem auch die Jusos und der Berliner Bundestagsabgeordnete Kevin Kühnert für rot-grün-rot stark gemacht.

Franziska Giffey selbst dagegen hatte bereits einen Tag nach der Wahl erklärt, eine Ampelkoalition, die zum Beispiel in Rheinland-Pfalz erfolgreich arbeite, könne auch ein Modell für Berlin sein.

FDP kritisiert parallele Dreiersondierungen als "wenig wertschätzenden Zustand"

Die Berliner FDP kritisierte die Ankündigung der SPD: "Von dem von der SPD Berlin vorgeschlagenen Weg der doppelten Dreier-Sondierung sind wir überrascht", teilten Parteichef Christoph Meyer und Fraktionschef Sebastian Czaja am Freitagabend mit. "Parallele Sondierungen sind ein wenig wertschätzender Zustand für alle Verhandlungspartner, der nicht von Dauer sein darf." Die Einladung zum Sondierungsgespräch am Montag nahmen die FDP-Politiker an.

Linke spricht sich erneut für Rot-Rot-Grün aus

Auch die Berliner Linken zeigten sich verwundert über den Beschluss von SPD und Grünen, in zwei Dreierformaten mit FDP und Linken weiter zu sondieren. "Wir haben sowohl mit der SPD als auch den Grünen in den letzten Tagen sehr vertrauensvolle, gute Gespräche geführt und bereits viele inhaltliche Schnittmengen festgehalten", erklärte die Linken-Landesvorsitzende Katina Schubert am Freitag. "Deshalb sind wir erstaunt, dass jetzt gleichzeitig zwei Koalitionsoptionen weiter sondiert werden sollen."

Weiter hieß es: "Wir können uns nicht vorstellen, wie die großen sozialen und ökologischen Herausforderungen mit der Berliner FDP gemeistert werden sollen." Dringend notwendige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur ließen sich mit der Berliner FDP nicht finanzieren, diese wolle zudem wirksamen Mieterschutz abschaffen. Die Linke wolle nun in ihren Gremien beraten, "wie wir mit dieser Situation umgehen und uns weiter in die Koalitionsfindung einbringen werden".

Die Partei ist seit 2016 zusammen mit SPD und Grünen an der Regierung in Berlin beteiligt.

CDU kritisiert "weiter-so"

Für die CDU, die bei der Wahl am 26. September knapp hinter den Grünen auf Platz drei gelandet war, bliebe in jedem Fall wieder nur die Oppositionsrolle. Sie kritisierte die Einigung von SPD und Grünen als "weiter-so" beziehungsweise "weiter-so-light". Weder mit der Ampel noch mit Rot-Rot-Grün werde es einen Neustart geben, sagte der Parteivorsitzende Kai Wegner laut einer Mitteilung vom Freitag. Für diesen stehe die CDU weiterhin bereit.

Zuletzt hatte Wegner gesagt, einen "echten Neustart" werde es nur mit einer Deutschland-Koalition aus SPD, CDU und FDP geben. Er hatte auch den "sehr, sehr guten Geist" der Gespräche mit den Sozialdemokraten betont. Doch ein rot-schwarz-gelbes sowie auch ein ein Kenia-Bündnis (Schwarz-Gelb-Grün) hatten von vornherein als unwahrscheinlich gegolten.

Nach den Dreier-Sondierungen will zumindest die SPD zügig entscheiden, mit wem sie Koalitionsverhandlungen aufnimmt. Laut Innensenator Andreas Geisel sollen die Weichen Ende kommender Woche gestellt werden. Giffey nannte das Ziel, eine handlungsfähige Regierung bis zur ersten Abgeordnetenhaussitzung am 21. Dezember zu haben.

Sendung: Abendschau, 08.10.2021, 19:30 Uhr

102 Kommentare

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  1. 102.

    Diese Parteidemokratie, die gibt ihrem Spitzenkandidaren die Kompetenz eine Regierungskoalition zu bilden, und bei der Annahme- Abstimmung können dann die "Parteifreunde" im Parlament mit NEIN stimmen.

    Mich wundert es nicht, dass bestimmte Kräfte in Berlin wiedel eine Ausnahme von den demokratischen Bundesgepflogenheiten anstreben,

  2. 101.

    Genau, an jeder Ampel sitzt (versteckt) so ein Grüner und macht nach Gutdünken "klicki klicki" auf seiner Handschaltung, um die Autofahrer in den Wahnsinn zu treiben! Das ist politisch so gewollt!! Aufwachen!!!

  3. 100.

    Hildegard:
    "Antwort auf [Berta] vom 08.10.2021 um 22:55
    Nein, die FDP solles zukünftig verhindern, ein weiter so hält Berlin nicht noch eine weitere Legislaturperiode aus! Schluss mit Rot-Rot-Grün zum Wohle Berlins."

    ..., sagt lediglich eine Minderheit, die - zu recht - unbeachtet bleibt, auch, weil sie das "Wohle Berlins" mit dem egoistischen eigenen Wohl verwechselt. (Stichwort: FDP = Partei der Besserverdienenden)

  4. 99.

    Bernd W.:
    "Der durch unsinnige Ampelphasen künstlich hervorgerufene Stau führt zu erhöhtem Verbrauch und ebensolchem CO2 Ausstoß. Das haben wir grüner Politik zu verdanken!"

    Für solche Kommentare gibt es nur eine treffende Einordnung: Verschwörungswahn!

  5. 98.

    Alexander.:
    "Roberto hat ganz richtig gelegen, und er ist nicht allein mit dieser Meinung. Dazu haben die linken und grünen extrem zur Spaltung beigetragen. DWE und Autofreie Innenstadt sag ich nur."

    Was soll an kommunalem Wohnungseigentum und einer lebenswerteren Innenstadt mit weniger Autos spalterisch sein? Es sind doch eher die spalterisch, die immernoch auf die Förderung privaten Autoverkehrs und mietensteigerndem Wohnprivateigentum beharren!

    Alexander.:
    "Mit der FDP wird es hoffentlich ein wenig vernünftiger."

    ... für die Besserverdienenden, aber nicht für die untgeren Einkommensschichten!

    Alexander.:
    "Pop-Up Radwege brauche ich nicht( Radfahrer)."

    ... aber viele andere Radfahrer!

    Alexander.:
    "Wer in einer Millionenmetropole zieht muss wissen was auf ihn zukommt. Nicht nur heulen"

    Denn dort gibt es einen gut ausgebauten Nahverkehr und keinen ausreichenden Platz für individuellen Autoverkehr sowie die Notwendigkeit von Regulierungen auf dem Wohnungsmarkt!

  6. 97.

    Das Fr. Giffey entscheidet mit wem Sie regiert stimmt so nicht. Wir leben in einer Parteiendemokratie - über Koalitionen entscheiden die Parteigremien! Sie dürfen also auch anders entscheiden als ihre Spitzenkandidatin es wünscht!

  7. 96.

    Startups wie Snowflake zum Beispiel, die hier in Berlin sehr gut bezahlte Jobs geschaffen haben und kräftig weiter wachsen.

  8. 95.

    "Frau Giffey und liebe SPD, ich und Millionen (!) Berliner bauen auf Sie, dies unter allen Umständen zu vermeiden."

    Und Rechnen (!) müssen sie nochmal üben. Eine laute Minderheit versucht hier der Mehrheit ein Diktat aufzuzwingen, woher kenne ich das nur?

  9. 94.

    "Roberto hat ganz richtig gelegen, und er ist nicht allein mit dieser Meinung." Und trotzdem oder gerade deswegen sind sie damit in der Minderheit.

    Und heulen deswegen umso lauter.

  10. 93.

    Vielleicht sollen jetzt lauter Ampeln gebastelt werden, damit eine Mehrheit im Bundesrat entsteht???

  11. 91.

    Die "Ampel" ist eine politische Option, die in beiden Flanken, FDP und Grüne, eine besserverdienende Klientel bedient. Ich bin nicht sicher, ob damit (hier wie übrigens auch im Bund) die sozialpolitischen Herausforderungen in den Fokus gelangen...

  12. 90.

    Ih beschrieb die Regel für die Bildung einer Regierung.
    Selbstverständlich muss diese Regierung vom Parlament angenommen werden, bei einer Ampel - Koalition in Berlin wird es kein Problem darstellen.

  13. 89.

    Wehe wenn die 18,9%-Grünen wieder den Verkehrssenat erhalten, oder einen großen Einfluß auf die bisher völlig misslungene, weil spalterische Mobilitätspolitik des Landes bekommen. Frau Giffey und liebe SPD, ich und Millionen (!) Berliner bauen auf Sie, dies unter allen Umständen zu vermeiden.

  14. 88.

    Welche Regel? Erzähle mal, weil da bin ich gespannt. Giffey hat Null Macht. Die Macht liegt bei den Abgeordneten und da kann Giffey auch nichts machen. Wenn die nicht wollen, dann guckt Giffey in die Röhre.

  15. 87.

    Wann und wo haben denn die Grünen vor der Wahl ein Bündnis mit der Linken ausgeschlossen?

  16. 86.

    Meinen sie Start-Ups wie der Hr. Müller gelobt hat. Ist ja wohl ein ganz schlechter Witz. Sehen wir doch bei Gorillas: We love the Entertain you.

  17. 85.

    Roberto hat ganz richtig gelegen, und er ist nicht allein mit dieser Meinung. Dazu haben die linken und grünen extrem zur Spaltung beigetragen. DWE und Autofreie Innenstadt sag ich nur. Unfähige Politiker aus Kreuzberg machen sie ihr eigenes Reich(R94). Mit der FDP wird es hoffentlich ein wenig vernünftiger. Pop-Up Radwege brauche ich nicht( Radfahrer). Wer in einer Millionenmetropole zieht muss wissen was auf ihn zukommt. Nicht nur heulen

  18. 84.

    Das Problem liegt nicht bei Frau Giffey sondern bei ihren linken Genossen in der Partei. Wenn sie denen nicht entgegen kommt erlebt sie bei der Wahl eine böse Überraschung wie seinerzeit Heide Simonis in Schl. H.!
    Ich denke es wird eine Ampel wie im Bund.

  19. 83.

    "Würde man Berlin einmauern und den Geldhahn zudrehen, wäre Berlin innerhalb weniger Wochen völlig Pleite. "

    Man muß sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. Ich hoffe ihnen ist nicht bewußt welchen Schwachsinn hier gerade schreiben.

    "Dazu würde die komplette Versorgung zusammenbrechen und Kriegsähnliche Zustände ausbrechen.
    Eine neue Berliner Regierung muss der Stadt ein Wirtschaftliches, Gesellschaftliches, Finanzielles und Geistig Moralisches Herz einpflanzen oder dies zumindest versuchen."

    Ich rechne das mal der fortgeschrittenen Stunde und erheblicher Alkoholisierung zu was sie hier von sich geben. Anders lässt sich der Schwachsinn jedenfalls nicht erklären.

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